Süddeutsche Zeitung

Stadtentwicklung:Alternativen zum Asphalt

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Das Wachstum der Stadt stresst die Menschen. Einige Architekten arbeiten deshalb an neuen Konzepten - für Orte der Entschleunigung.

Von Alfred Dürr, München

Überall wird gebaggert und gegraben: Baumaschinen bestimmen auch im neuen Jahr das Bild in der Altstadt und in den umliegenden Vierteln. Die Stadt wächst weiter. Die Zahl der Einwohner steigt, und auch die Menge der Wohnblocks, Geschäfts- und Bürohäuser.

Nahezu jedes noch leere Grundstück wird zum potenziellen Bauland - die letzten Grün- und Freiflächen drohen zu verschwinden. Vor diesem dynamischen Wachstums-Hintergrund gewinnt der Raum zwischen den Häusern an Bedeutung. Das städtische Planungsreferat macht dies nun zum Thema einer Ausstellung in der Rathaus-Galerie.

Mit einem neuen Aktionsprogramm will sich die Behörde der Pflege von bestehenden und neu zu schaffenden Erholungsflächen in der Stadt widmen. Dazu haben die Büros "Becker Giseke Mohren Richard Landschaftsarchitekten", "Friedrich von Borries" (beide Berlin) sowie "Freiraumstudio" (München) eine erste umfangreiche Stoffsammlung erarbeitet. Eine schlüssige, innovative und zukunftsweisende Freiraumplanung werde immer deutlicher zum unverzichtbaren Bestandteil einer umfassend nachhaltigen Stadtentwicklung, heißt es in der Studie.

De Menschen bräuchten "Orte der Entschleunigung"

Besonders aktuelle Bedeutung hat das Thema in der Altstadt. Zum Beispiel werden sich die Pläne um den Abriss des Hirmer-Parkhauses zwischen der Fußgängerzone und der Hofstatt in diesem Jahr konkretisieren. Die Stadt will darauf achten, dass bei allen neuen Bauaktivitäten für die Passanten auch genug Platz zum Ausruhen bleibt. Ähnliches gilt für die Neugestaltung des Umfelds am Hauptbahnhof oder im Zusammenhang mit der Aufwertung des Kunstareals in der Maxvorstadt. Im hektischen Großstadtgetriebe bräuchten die Menschen "Orte der Entschleunigung", sagt Stadtbaurätin Elisabeth Merk.

Doch nicht nur im Zentrum der Stadt gewinnen die Ruhezonen an Bedeutung. An der Peripherie geht es zum Beispiel darum, Grünzüge mit Parkanlagen zu verbinden. Stadtnahe Wälder sollen etwa noch stärker ins Bewusstsein der Bevölkerung rücken, ebenso wie die eiszeitlichen Hang- und Terrassenkanten parallel zur Isar. Hier könnte man neue Spazierwege anlegen.

Die Studie unterbreitet eine Reihe von Vorschlägen. Es gibt Überlegungen, wie man die Areale von Freibädern auch außerhalb des Sommers nutzen könnte. Eine andere Idee ist, die Dächer von Parkhäusern, Einkaufszentren oder Bürogebäuden in Erholungsflächen umzugestalten.

"Interkommunale Landschaftsallianz" von Stadt und Umland

Die Ausstellung präsentiert Beispiele für bereits verwirklichte Freiraum-Planungen und widmet sich auch den Möglichkeiten in der Zukunft. Darüber hinaus soll die Rathaus-Galerie zu einem Ort der Auseinandersetzung über das Thema Freiraum werden (siehe Kasten). Bürger, Fachleute, Politiker und Vertreter von Initiativen diskutieren auf verschiedenen Veranstaltungen. Im Mittelpunkt stehen die Thesen und Vorschläge des Konzeptgutachtens.

Schwerpunkte sind aber zum Beispiel auch die geplanten Veränderungen der Uferlandschaften an der innerstädtischen Isar oder der Umgang mit den Erholungsflächen im Olympiapark. Nicht zuletzt spielt auch die Frage eine Rolle, wie Stadt und Umland eine "interkommunale Landschaftsallianz" schmieden können. Die Erkenntnisse und Anregungen sollen dann in die Konzeption zur langfristigen Freiraumentwicklung einfließen.

Informationen soll es jedoch nicht nur auf Schautafeln geben. Im Angebot sind auch Touren zu verschiedenen Orten in der Stadt. So stehen etwa Streifzüge entlang der Isar oder durch die Innenstadt auf dem Programm. Oder man kann durch die Landschaften des Münchner Nordens wandern. Touren werden auch für den Ackermannbogen, die Messestadt Riem und das Westend angeboten. Bei diesen Ausflügen kann man konkret erfahren, welche Bedeutung kleine Grünflächen, große Parks oder auch einfache Straßenräume für das Leben in einer prosperierenden Stadt haben.

Die Ausstellung Freiraum München 2030 ist vom 14. Januar bis zum 3. März in der Rathaus-Galerie am Marienplatz zu sehen. Geöffnet ist täglich von 11 bis 19 Uhr. Der Eintritt ist frei.

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Quelle:
SZ vom 12.01.2016
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