Süddeutsche Zeitung

Turbulenzen beim Roten Kreuz in Erding:Geschäftsführerin ist beurlaubt

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Es verdichten sich die Hinweise, dass Gisela van der Heijdens Zeit beim Roten Kreuz zu Ende geht. Seit dem Debakel bei den Vorstandswahlen war kaum noch etwas von ihr zu hören. Zuletzt hat sie gegen den Kreisverband geklagt

Von Florian Tempel, Erding

Nach dem Wahldebakel beim Kreisverband des Bayerischen Roten Kreuz (BRK) im vergangenen Sommer ist Kreisgeschäftsführerin Gisela van der Heijden beim BRK immer seltener und schließlich gar nicht mehr offiziell in Erscheinung getreten. Es verdichten sich die Hinweise darauf, dass van der Heijdens Zeit als Kreisgeschäftsführerin abgelaufen sein könnte. Der Kreisvorsitzende Jürgen Loher bestätigte, dass die Geschäfte aktuell vom stellvertretenden Geschäftsführer Albert Thurner geführt werden. Als Erklärung sagte Loher zwar: "Es ist ganz einfach so: Frau van der Heijden ist in Pflegeurlaub und pflegt ihre Mutter." Ob und wann van der Heijden zurückkommen werde, dazu sagte er nichts. "Wir werden zu bestimmten Dingen keine Stellung nehmen", sagte Loher auch auf die Frage, was er zu einem Verfahren am Arbeitsgericht München sagen könne, in dem van der Heijden zuletzt den BRK-Kreisverband verklagt hatte.

Eine Sprecherin des Arbeitsgerichts München teilte auf Anfrage der Süddeutschen Zeitung mit, dass das Verfahren Ende vergangenen Jahres beendet worden sei. Die beiden Parteien, Klägerin van der Heijden und der von ihr beklagte BRK-Kreisverband, hätten einen Vergleich geschlossen. Nach Informationen der Süddeutschen Zeitung hat van der Heijden in dem Arbeitsrechtsprozess eine große Menge von ihr überobligatorisch geleisteter Arbeitszeit geltend gemacht, für die sie einen Ausgleich forderte. Eine solche Klage erscheint doch vor allem dann wahrscheinlich, wenn ein Arbeitsverhältnis zu Ende geht und die Auflösung eines Arbeitsvertrags geregelt wird.

Vor einem halben Jahr war der Anfang vom sich nun abzeichnenden Ende: Franz Hofstetter, langjähriger Taufkirchener Bürgermeister, aktueller CSU-Bezirksrat und stellvertretender Landrat, war im Juli 2021 bei den turnusgemäßen Vorstandswahlen des BRK-Kreisverbands völlig überraschend nicht wieder gewählt worden. Hofstetters Abwahl nach nur vier Jahren im Amt und ohne, dass es einen Gegenkandidaten gegeben hätte, wurde allgemein als Votum gegen Geschäftsführerin van der Heijden gewertet. Die unwidersprochene Erklärung lautet, dass viele BRK-Mitglieder mit ihren Nein-Stimmen gegen den Vorsitzenden vor allem ihre Unzufriedenheit mit van der Heijden zum Ausdruck gebracht hatten. "Man haut den Sack und meint den Esel", beschrieb ein langjähriges BRK-Mitglied seinen Eindruck. Es ist kein Geheimnis, dass vor allem ehrenamtlich Aktive beim BRK mit van der Heijden haderten, da die hauptamtlichen Bereiche im Kreisverband immer stärker in den Vordergrund rückten. Ehrenamtliche fühlten sich bei der Mitsprache im Kreisvorstand und in der internen Beachtung zurückgesetzt.

Die 61-Jährige war im Sommer 2012 BRK-Kreisgeschäftsführerin geworden. Von ihrem Vorgänger Stephan Klauert hatte sich das BRK wegen interner Dissonanzen getrennt. Van der Heijden kam aus Lüneburg, wo sie zuvor eineinhalb Jahre lang die Jugend- und Suchthilfe geleitet hatte. Die SZ beschrieb sie zu ihrem Einstand als "freundlich, offen und direkt", als "jemand, der auf Menschen zugeht und sich in sie hineinversetzt". Sie habe das geforderte und gewünschte berufliche Profil, da sie "einen Master in Social Management hat, sich mit betriebswirtschaftlichen Fragen, Mitarbeiterführung und der Wohlfahrtspflege an sich auskennt".

Seit 2012 hat sie an einer neuen Ausrichtung des BRK-Kreisverbands gearbeitet, die auch vom früheren Vorsitzenden, dem Erdinger Oberbürgermeister Max Gotz (CSU), propagiert wurde und die vor allem mehr Angebote für Senioren vorsah. Dafür wurde von der Stadt Erding dem BRK das wunderbar renovierte Haus der Begegnung, Am Rätschenbach 12 in der Erdinger Altstadt, zur Verfügung gestellt. Dort arbeitet auch eine Gemeindeschwester und Pflegeberaterin, mit der das BRK den Einstieg in die Pflegebranche machte. Vor einem Jahr wurde auf Idee und Wunsch von Landrat Martin Bayerstorfer (CSU) der deutschlandweit einzigartige Pflegekrisendienst beim BRK Erding ins Leben gerufen. Aktuelle Projekte sind etwa der Aufbau von Tagespflegeeinrichtungen in Dorfen und Taufkirchen. Der BRK-Kreisverband hat zudem 2018 die Trägerschaft für das Erdinger Frauenhaus und der Interventionsstelle für Opfer häuslicher Gewalt übernommen, nachdem Landrat Martin Bayerstorfer (CSU) dem Sozialdienst katholischer Frauen München, der seit der Gründung des Frauenhauses Erding 25 Jahre lang Träger desselben war, gekündigt hatte.

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SZ vom 18.01.2022
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