Süddeutsche Zeitung

Streit um Vermögenssteuer:''Reichtum muss ein Thema der politischen Debatte sein"

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Nach Ansicht von KAB-Diözesansekretärin Michaela Götz wird die soziale Kluft in Deutschland immer größer. Bei der DGB-Maikundgebung fordert sie die Wiedereinführung der Vermögenssteuer.

Thomas Daller

Hartz IV, Lohndumping und die Aushöhlung des Sozialstaats - nach Ansicht der KAB-Diözesansekretärin Michaela Götz ist in Deutschland ein "riesengroßes Umverteilungsproblem" entstanden: "Die Armen werden immer ärmer und die Reichen immer reicher, Gewinne werden privatisiert und Verluste sozialisiert", kritisierte sie bei der Mai-Kundgebung des DGB-Ortsverbandes Erding.

Gespart werde bei den Armen: Den Hartz-IV-Beziehern habe man das Elterngeld gestrichen, den Beitrag zur Rente und Wohnkostenzuschüsse. Zu Lasten dieser Menschen habe man damit eine Milliarde Euro eingespart. Andererseits sei die Vermögenssteuer seit 1997 "lahmgelegt" worden. Zehn Prozent der Deutschen, die "oberste Schicht", würden über ein Vermögen von zehn Billionen Euro verfügen, sagte Götz. Wenn man nur ein Prozent Vermögenssteuer ansetzen würde, könnte der Staat 100 Milliarden Euro einnehmen. "Wir brauchen wieder eine Vermögenssteuer und eine Finanztransaktionssteuer", forderte die Diözesansekretärin.

Die neoliberale Politik setze sich auch in anderen Bereichen fort. So seien beispielsweise die Unternehmer bei den Sozialbeiträgen der Arbeitslosenversicherung entlastet worden; insgesamt hätten die Unternehmen allein im vergangenen Jahr Kosten in Höhe von 30,4 Milliarden Euro einsparen können. Auf der anderen Seite würden immer wieder niedrige Lohnabschlüsse in Deutschland erzielt, so dass die Reallöhne seit Jahren sinken würden.

Hinzu komme die Ausweitung der Leiharbeit und die Anhebung der Mehrwertsteuer, wodurch die Kaufkraft abgesenkt werde. "Nicht nur Armut, sondern auch Reichtum muss ein Thema der politischen Debatte sein", forderte Götz und zitierte den Papst, wonach "ein Staat, der nicht durch Gerechtigkeit definiert ist, nichts anderes wäre als eine Räuberbande". Sieben Millionen Menschen seien in Deutschland auf Hartz IV angewiesen, davon zwei Millionen Kinder: "Warum versucht man nicht wenigstens im Ansatz, sich von den Reichen Geld zu holen?" Stattdessen werde in diesem Bereich gespart, bei Menschen, "die ohnehin nichts haben und am Existenzminimum leben".

Darüber hinaus forderte sie einen flächendeckenden Mindestlohn, der bei 9,20 Euro liegen müsse. Es sei entwürdigend, wenn Menschen trotz eines Vollzeitjobs als Aufstocker Leistungen beantragen müssten, weil sie von ihrer Arbeit nicht leben könnten. Zudem müssten auch Leiharbeiter besser bezahlt werden. In einigen Nachbarländern sei "equal pay", also gleiche Bezahlung wie herkömmlich Beschäftigte, bereits gängige Praxis. "Wir brauchen einen solidarischen Sozialstaat, ein Ende des Lohndumpings, ein gutes Auskommen im Alter und vor allem die Rücknahme der Rente mit 67", bilanzierte die KAB-Diözesansekretärin ihre Forderungen.

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SZ vom 02.05.2011
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