Süddeutsche Zeitung

Oberding:Boardinghaus statt Tanzsaal

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Dort, wo im Oberdinger Gasthaus Neuwirt früher Bälle gefeiert wurden, werden nun sieben Appartements für Wohnen auf Zeit eingerichtet. Der Gemeinderat ist einverstanden, befürchtet aber Parkplatzprobleme

Von Regina Bluhme, Oberding

Der Gasthof Neuwirt steht mitten in der Ortschaft Oberding. Ein schmuckes Gebäude mit kleinem Türmchen, aufgemalten Ranken am Eingang und einem großen Tanzsaal, der allerdings schon länger nicht mehr genutzt wird. Nun will der Besitzer des Gasthauses den Tanzsaal in ein Boardinghaus mit sieben Appartements umnutzen. Der Gemeinderat gab Grünes Licht - wenn auch unter Bauchschmerzen. Nicht wenige Gemeinderäte befürchten Parkplatzprobleme.

Das waren noch Zeiten, als die Oberdinger zum Neuwirt zum Tanzen und Feiern gingen. Darunter Bürgermeister Bernhard Mücke (CSU), der bei Bällen der Landjugend dabei war, wie er im Gemeinderat verriet. Auch Gemeinderat Johannes Sandtner (CSU) erfüllten die Pläne "mit Wehmut". Aus, vorbei. Künftig soll der Saal als Wohnraum genutzt werden. Geplant ist ein Boardinghaus mit maximaler Verweildauer von zwei Monaten. Jedes Appartement ist mit einer kleinen Küche ausgestattet, so dass sich die Bewohner selbst verpflegen können. Personal in Vollzeit oder ständiger Präsenz werde es nicht geben, der Betreiber selbst werde sich um den Check-In beziehungsweise Check-Out kümmern, so Mücke.

Rechtlich gebe es kein Problem, wie Mücke informierte. Alle vier erforderlichen Stellplätze für das Boardinghaus werden nachgewiesen. Allerdings brauchte es für die Recherche der benötigten Anzahl fast detektivisches Gespür. Die Rücksprache mit der Bauabteilung im Landratsamts Erding hatte ergeben, dass der Nachweis der Stellplätze für das Gesamtgrundstück anhand der alten Baugenehmigungen zu prüfen sei. Ergebnis: Es gibt für den Altbestand keine Stellplatzsatzung, so Bernhard Mücke. "Trotz intensiver Recherche, auch über das Staatsarchiv München", so der Bürgermeister, sei es dem Planer nicht gelungen, weitere Unterlagen zu ermitteln. Es liegt nun lediglich ein Bauplan vom 13. April 1960 vor "zum Umbau einer Scheune in einen Tanzsaal/Restaurieren der alten Gastwirtschaft" mit Prüfstempel des Landratsamt vom 19. Juli 1960.

Bei dem künftigen Boardinghaus handle es sich um ein kurzfristiges Wohnen, daher unterliege der Stellplatznachweis den Kriterien für einen gewerblichen Beherbergungsbetrieb, informierte Mücke die Zuhörer weiter. Das heiße: ein Stellplatz je zwei Betten. Hieraus ergebe sich ein Bedarf von vier Stellplätzen. Einer davon werde auf der Nordseite des Grundstücks ausgewiesen, die restlichen drei befinden sich auf der gegenüberliegenden Straßenseite auf dem Gelände der Sparkasse. Rechtlich alles "problemlos", so Mücke. "Ein bisserl problematisch" sehe er allerdings die künftige Parksituation.

Rainer Hellinger (WG Schwaig) verwies darauf, dass genau an der Stelle "generell die Parkerei" ein Problem sei. "Teilweise herrscht hier Wildwest." Im Sparkassengebäude befinden sich außerdem noch eine Arztpraxis und eine Fahrschule. Er sei nicht gegen das Projekt, "aber da wird es Probleme geben". Dieses Sorgen teilten auch weitere Wortmeldungen aus dem Gremium. Inzwischen wird auch die lange leer stehende Gastwirtschaft wieder genutzt. Ein Cateringunternehmen bekocht an den Wochenenden die Gäste. Auf Nachfrage erklärte Mücke, dass hierfür keine Stellplätze nachzuweisen sind, da es für die alte Wirtshausnutzung keine Stellplatzsatzung gebe.

Bereits im Altbestand sei es schwierig gewesen, einen Stellplatz zu finden, erinnerte sich Bürgermeister Bernhard Mücke in der Gemeinderatssitzung. Für den Besuch der Landjugendbälle im Neuwirt-Saal habe er immer "unheimlich weit weg geparkt". Bei zwei Gegenstimmen erteilte der Gemeinderat schließlich Grünes Licht für das Boardinghaus.

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SZ vom 03.06.2020
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