Süddeutsche Zeitung

Kunstverein Erding:Unverzagt weitermachen

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Die Mitgliederausstellung "Kraftvolles Durcheinander" ist eine Woche lang im Frauenkircherl zu sehen

Von Florian Tempel

Man könnte meinen, von den Kulturschaffenden müsste es die bildenden Künstlerinnen und Künstler in den Pandemie-Zeiten doch noch am wenigsten hart getroffen haben. Zeichnen und malen, Holz, Stein oder Ton bearbeiten, schnitzen, hämmern und schweißen, das machen die im Atelier doch eh alleine. Und Ausstellungen waren schon immer nicht so oft. Der Kunstverein Erding zeigt traditionell zweimal im Jahr eine Werkschau im Frauenkircherl. Eine im Sommer und eine im Herbst. Da hat sich insofern doch gar nicht so viel geändert, oder? Man hat weiter gewerkelt, ein bisschen abgewartet und Tee getrunken - und nun ist es wieder so weit. Die Bilder hängen gerade und die Skulpturen stehen präzise platziert, alles paletti?

Albin Zauner beteiligt sich mit einer Skulpturen-Installation, die den verzwickten Titel "Fremdkörperteile" trägt. Ein vielschichtiges Werk, bei dessen Entstehung erst Späne geflogen und dann wieder eingefangen worden sind.

"Leporello 2" ist eine elegante und schwungvolle Pinselzeichnung, die Michael Lang mit einem ruhigen Stilleben-Linoldruck kombiniert hat.

Bodo Gsedl hat einen Blick für wahre und unverfälschte Schönheit: Sein Ölbild auf Leinwand gemalt heißt "Joni - Porträt einer Dame".

Monika Steiger, die ehemalige Vorsitzende des Kunstvereins hat ein kuschelig-witziges Objekt aus Südfrankreich ins herbstlich-unterkühlte Erding geschickt. "Nicht nur rot" heißt der Flokati-Kasten, ein bisschen geheimnisvoll.

Das Bild von Elisabeth Menzinger beeindruckt nicht nur dank des schönen Motivs und seiner Farbigkeit. "Bewegungslinien" lebt auch durch die grafische Dymnamik.

Natürlich sieht es wieder gut aus im Erdinger Frauenkircherl. Die Mitglieder des Kunstvereins haben, wie gewohnt, interessante und amüsante, witzige und überraschende Gemälde, Zeichnungen und Objekte hingekriegt. 56 Arbeiten von 32 Künstlerinnen und Künstlern sind eine Woche lang zu sehen. Der Eintritt ist wie immer frei, reinschauen lohnt sich, es ist absolut sehenswert. Ein Preisgericht wird noch ein bis drei Werke besonders auszeichnen. Der Kunstpreis des Kunstvereins Erding, für den die Sparkasse Erding-Dorfen immerhin 500 Euro auslobt, darf auch geteilt werden.

"Drei Hohlköpfe im Gespräch", nennt Maria Wieser-Piofczyk ihre Dreierskulptur aus Filz, Ton und Holz. Das ist zwar nicht so schmeichelhaft, trifft es aber doch ganz genau.

"Queen Red" heißt diese Plastik von Uwe Kloos, die den Betrachter so mürrisch und arrogant anschaut. Dabei schauen wir doch von oben herab auf sie.

Die zur Herbstausstellung eingereichten Werke strahlen keineswegs Bedrücktheit oder Niedergeschlagenheit aus. Das Motto der Ausstellung "Kraftvolles Durcheinander" findet sich vor allem in erster Hinsicht wieder. Viele Bilder und Objekte sind kraftvoll, in ihrer Farbigkeit, im Motiv oder in der Ausführung. Man streicht den Pinsel ja gerne mit Schwung über die Leinwand, drückt durchaus mal ein bisschen mehr auf die Farbtube und schnitzt mit einem scharfen Messer nicht zaghaft, sondern eben kräftig. Durcheinander, im Sinne von verwirrt, sind die Arbeiten allem Anschein nach nicht. Aber in einer anderen Hinsicht trifft das Motto sehr gut unsere Zeit. Es ist so viel aus den Fugen geraten, seit das vermaledeite Virus der Welt den Atem nimmt. Das geht an niemandem spurlos vorbei, auch nicht an Künstlerinnen und Künstlern. Um so mehr ein Grund in die Herbstausstellung zu gehen und sich ihre Bilder anzuschauen. Man spürt Aufbruchstimmung und Zurückhaltung gleichermaßen, eine scheinbar paradoxe Mischung, die aber genauso wenig absurd ist, wie Mut und Angst im selben Augenblick zu haben.

Eines ist allerdings wirklich schade. Es gibt auch diesmal, wie schon bei der vorausgegangenen Ausstellung im Sommer, leider keinen Katalog.

Kraftvolles Durcheinander , Mitgliederausstellung des Kunstvereins Erding, Frauenkircherl, täglich bis 31. Oktober, 13 bis 19 Uhr.

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Quelle:
SZ vom 23.10.2021
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