Süddeutsche Zeitung

Im Landkreis:"Da kann man nicht Nein sagen"

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Nach der Abwahl von Franz Hofstetter soll nun der Erdinger Unternehmer Jürgen Loher neuer Vorsitzender des BRK-Kreisverbands werden. Der 54-Jährige ist seit acht Jahren Vorstandsmitglied

Von Florian Tempel, Erding

Der Erdinger Unternehmer Jürgen Loher soll neuer Vorsitzender des Kreisverbands des Roten Kreuz werden. Der 54-Jährige, der einen Lebensmittelvertrieb mit 400 Millionen Euro Umsatz führt, war bislang zweiter Stellvertreter des bisherigen Vorsitzenden Franz Hofstetter. Der langjährige Taufkirchener Bürgermeister, aktuelle CSU-Bezirksrat und stellvertretende Landrat war bei der turnusgemäßen Vorstandswahl am Sonntag vor einer Woche überraschend und ohne Gegenkandidat abgewählt worden ist. Der Kreisvorstand hat nun Loher bei einer Sondersitzung am vergangenen Donnerstag einhellig um eine Kandidatur gebeten. "Da kann man nicht Nein sagen", sagte Loher der SZ. Loher spricht sich dafür aus, den geplanten professionellen Ausbau des BRK-Kreisverbands im Bereich der Pflege fortzuführen. Er plädiert zugleich dafür, die Basis der aktiven BRK-Mitglieder zu stärken: "Wir müssen die Ehrenamtlichen mehr mitnehmen, besser aufzeigen, was wir tun, und sie durchaus auch bei der Meinungsfindung einbinden."

Bis kommenden Mittwoch können zwar noch weitere Kandidaten oder Kandidatinnen vorgeschlagen werden. Aktuell sieht es jedoch danach aus, dass Loher am Sonntag, 1. August, allein zur Wahl stehen wird. Loher wäre der erste Nicht-Politiker an der Spitze des BRK-Kreisverbands. Bislang waren die Vorsitzenden stets hochrangige Kommunalpolitiker und seit der Zeit des damaligen Landrats Hans Zehetmair zudem stets CSU-Politiker.

Loher ist in Rotthalmünster geboren, im Landkreis Erding aufgewachsen, hat in München Metzger gelernt, den Meisterbrief und eine Ausbildung zum Kaufmann gemacht. Er ist verheiratet und hat zwei erwachsene Söhne. Vor 21 Jahren hat er die von Werner Lipp gegründete Lipp Markenvertriebs GmbH übernommen, die vor allem mit frischen Lebensmitteln wie Wurst, Käse, Fisch und Feinkost handelt. Seitdem hat er die Firma mit seinem Geschäftspartner Dirk Urland zu einem sehr erfolgreichen mittelständischen Unternehmen ausgebaut. In der Firmenzentrale in Erding in schicken Büroräumen über den Feneberg-Markt arbeiten 14 Mitarbeiter, an mehreren Produktionsstandorten in Bayern und Baden-Württemberg sind rund 500 Menschen beschäftigt.

Loher war und ist kein Mitglied in einer der BRK-Gemeinschaften wie der Wasserwacht oder eine Sanitätsbereitschaft. Doch die Satzung des als Körperschaft des öffentlichen Rechts aufstellten Bayerischen Roten Kreuz' sieht ausdrücklich vor, dass Persönlichkeiten des öffentlichen Lebens in die Kreisvorständen hinzuberufen werden sollen. Loher wurde 2013 auf Vorschlag des Erdinger BRK-Justiziars Bernd Grimm durch ein Votum des Kreisvorstands in das Gremium aufgenommen. Bei den Vorstandswahlen 2017 wurde er dann "im Team Franz Hofstetter" als dessen zweiter Stellvertreter von den Mitgliedern gewählt. "Als Unternehmer muss man sich irgendwann die Frage stellen, was man der Allgemeinheit zurückgibt", sagt Loher. Neben der Sponsoring von Jugendsport im Landkreis arbeite er deshalb seit acht Jahren sehr gerne im BRK-Kreisvorstand mit.

Woran es liegt, dass Hofstetter bei den turnusgemäßen Neuwahlen mit 82 zu 77 abgewählt wurde, dafür hat auch Loher keine Erklärung. Die kolportierte Behauptung, der BRK-Kreisvorstand sei ein "zerstrittener Haufen" sei falsch, betonte Loher. Die Zusammenarbeit im Vorstand sei zuletzt sogar "sehr harmonisch" gewesen. Dass die Mehrheit der Mitglieder, die sich an der Wahl beteiligten, aber offensichtlich nicht zufrieden war, sei auch klar, sagt Loher: "Gehen Sie davon aus, dass der neue Vorstand das aufarbeiten wird."

Loher macht deutlich, dass die hauptamtlichen Strukturen wichtig seien: "Ein Kreisverband braucht Geschäftsfelder, um überleben zu können." Da "wir mit dem Rettungsdienst auch künftig kein Geld verdienen werden", sei es richtig auf den Bereich Pflege zu setzen: "Das werden wir ausbauen." Mit dem Pflegekrisendienst sei ein Anfang gemacht, die Einführung von Tagespflegeeinrichtungen in Dorfen und Taufkirchen werden bereits konkret geplant. "Der gesamte Vorstand steht dahinter", sagt Loher. Es sei jedoch auch klar geworden, dass sich die Basis im Kreisverband offenbar außen vor gelassen gefühlt habe. Deshalb müsse man sich bei allen zukunftsweisenden Entscheidungen und Ausrichtung auch fragen, "wie kommunizieren wir solche Themen mit dem gesamten Ehrenamtsbereich?"

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SZ vom 21.07.2021
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