Süddeutsche Zeitung

An der Freisinger Hochschule:Sorge um die Zukunft der Weihenstephaner Gärten

Lesezeit: 3 min

15 Verbände fordern nach Sparmaßnahmen und Stellenabbau eine bessere finanzielle und personelle Ausstattung. Der HSWT-Präsident versichert, dass ein tragfähiges Konzept in Arbeit ist.

Von Petra Schnirch, Freising

Mehrere Fachverbände schlagen Alarm, sie fürchten um den Erhalt der Weihenstephaner Gärten in ihrer bisherigen Form. Der Grund sind die Sparmaßnahmen der vergangenen Jahre. In einem Positionspapier appellieren sie an den Landtag und die Hochschule Weihenstephan-Triesdorf (HSWT), die die Gärten betreut und für den Lehrbetrieb nutzt, diese "personell wie finanziell ausreichend und zukunftsfähig auszustatten". Hochschulpräsident Eric Veulliet versichert unterdessen, dass auch die Hochschulleitung die Gärten wieder stärken wolle. Sie habe einen Zukunftsprozess eingeleitet, "der die weitere Entwicklung und Stärkung der Gärten, vor allem ihre langfristige finanzielle Absicherung aufzeigen soll".

Die Unterzeichner des Papiers, 15 Berufsverbände und Freizeitgärtner-Organisationen, beobachten die aktuelle Entwicklung "mit Sorge", wie sie schreiben. In den vergangenen zwei Jahrzehnten seien nahezu 30 Prozent der Stellen abgebaut worden. Aufgefangen worden sei dies bisher nur durch den "bewundernswerten Einsatz" der Mitarbeiterinnen und Mitarbeiter. Im Mai 2021 sei zudem eine Halbtagsstelle für einen Gartenbauingenieur nicht nachbesetzt worden. Für die Verbände ist jetzt "eine Grenze überschritten, die das absolute Minimum für das Funktionieren des Erfolgsmodells Weihenstephaner Gärten darstellt".

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Bernd Hertle hat die wissenschaftliche Leitung abgegeben

Als Konsequenz daraus hat Bernd Hertle, seit 2006 wissenschaftlicher Leiter der Weihenstephaner Gärten, diese Aufgabe zum 15. März abgegeben. Er sei davon ausgegangen, dass der Stellenabbau mit dem Jahr 2016 abgeschlossen worden sei, sagt Hertle, Professor für Freilandzierpflanzen an der HSWT, zu seiner Entscheidung. Er habe sich, leider ohne Erfolg, dafür eingesetzt, diese Stelle für einen Gartenbauingenieur oder eine -ingenieurin neu auszuschreiben und den Fokus auf die Forschung und das Einwerben von Drittmitteln zu legen.

Mit unterzeichnet hat das Positionspapier Christian Magerl in seiner Funktion als Vorsitzender des Freundeskreises Weihenstephaner Gärten. Die Anlagen - dazu gehören der Sichtungsgarten für Stauden und Gehölze, der Oberdieckgarten, der Kleingarten sowie der Hofgarten - seien nicht nur für die Hochschule von Bedeutung, sondern "auch wahnsinnig wichtig für die Freisinger", sagt er. Zum Glück sehe man den Gärten dank des großen Engagements der Mitarbeiterinnen und Mitarbeiter die schlechte Ausstattung bisher nicht an. Langfristig aber brauche es "einen Schub", was das Personal angehe, sagt Magerl.

Die "große Strahlkraft und Bedeutung der Weihenstephaner Gärten" für die Hochschule, "aber auch weit darüber hinaus", sieht auch HSWT-Präsident Veulliet, wie er auf Anfrage betont. Mit dem Zukunftsprozess wolle die Hochschule "sichtbar machen, was die Gärten für Lehre, Forschung und den Wissenstransfer leisten und welchen hohen Wert sie als Impulsgeber für Gartenbaubetriebe und private Kleingärtner und Kleingärtnerinnen, aber auch als Naherholungsgebiet für die Freisinger Bevölkerung haben". Zugleich werde überlegt, ob und wie die Anlagen noch stärker für aktuelle Forschungsthemen genutzt werden können. "So gibt es eine Reihe von Fragestellungen im Zusammenhang mit 'Grün in der Stadt‛, wie zum Beispiel Bepflanzungsmöglichkeiten zur Verbesserung des Wasserrückhalts, die wir mit Hilfe unserer Gärtner und Gärtnerinnen aufgreifen können", erklärt Veulliet.

Das Budget umfasse bisher mehr als eine Million Euro, 20 Mitarbeiterinnen und Mitarbeiter seien beschäftigt. "Das ist kein Klacks", stellt Veulliet fest. Ziel sei dennoch, die Gärten besser aufzustellen. Dafür benötige man zunächst Daten und Fakten. Was sich der Präsident vorstellen kann zur besseren Ausstattung ist ein Fundraising, ein Sponsoring. Hertle mochte sich mit diesem Vorschlag nicht anfreunden. Er sehe die Gefahr, in eine gewisse Abhängigkeit von den Geldgebern zu geraten. "Vielleicht bin ich da zu konservativ", sagt der Experte für Stauden. Diesen Weg wolle er nicht mitgehen. Seine Leidenschaft für die Gärten aber werde bleiben.

Eric Veulliet sieht die Stellungnahme der Verbände als "Bekräftigung für uns", die Gärten weiterzuentwickeln. Diese seien bereits eingebunden in den Prozess. Die Stelle der wissenschaftlichen Leitung, die wieder ein Professor, eine Professorin als Zusatzaufgabe übernehmen wird, soll nach seinen Worten erst neu besetzt werden, wenn die Ergebnisse vorliegen. Dies soll bis Ende des Jahres der Fall sein. Bis dahin übernehme die technische Leiterin die Aufgabe kommissarisch. Auch über eine derzeit vakante 50-Prozent-Stelle werde dann entschieden. Stellen- und Sachmittelkürzungen seien nicht Ziel des Konzepts, betont der Präsident ausdrücklich. "Ganz im Gegenteil", es gehe insgesamt um eine Stärkung der Gärten.

Ein Dorado für die Lehre

In ihrem Positionspapier schwärmen die Berufsverbände geradezu von den Weihenstephaner Gärten. Diese seien einmalig: "Sie bieten seit 1947 dem engagierten Freizeitgärtner und dem Profi gleichermaßen Orientierung und sind Quell stetigen Wissenszuwachses." Auch für die Lehre "sind sie ein Dorado", schwärmt der bisherige wissenschaftliche Leiter Bernd Hertle, etwa in der Gehölz- und Staudenkunde oder beim Thema Pflanzenschutz. Es sei bisher gelungen, dass der Personalabbau für Außenstehende nicht sichtbar sei. Einige Flächen seien aus der Intensivpflege herausgenommen worden, andere könnten maschinell bearbeitet werden. Auch durch Spenden des Freundeskreises Weihenstephaner Gärten für Bänke oder Elektro-Kleinfahrzeuge habe einiges aufgefangen werden können. Allerdings stünden nach seinen Worten dringende Aufgaben an. Beispielsweise müsste der westliche Teil des Sichtungsgartens überarbeitet werden, ebenso die Rosen-Pflanzungen im Oberdieckgarten.

Die Fachverbände verweisen zudem darauf, dass die Gärten der Erforschung und Sichtung von Freilandzierpflanzen, deren Verwendung und Pflege dienten. Besonderes Augenmerk werde auf die Förderung der biologischen Vielfalt gelegt. Sie seien deshalb auch "ein Garant für Biodiversität in Haus- und Kleingärten, in der Kulturlandschaft und in urbanen Räumen". Nicht vergessen werden sollte die internationale Bedeutung. Europaweit gebe es kaum Institutionen mit vergleichbarer Expertise.

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