Süddeutsche Zeitung

Braugeschichte:Vom Trillerwirt bis zum Greisslbräu

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Stadtführerin Doris Bauer referiert beim Historischen Verein über die Geschichte des Erdinger Brauwesens. Dazu gehört auch ein kurzer Exkurs über die einstigen Weinhänge im Landkreis.

Von Philipp Schmitt, Erding

In Erding gibt es neben der Therme Erding einen zweiten Touristenmagneten: den Erdinger Weißbräu. Die Privatbrauerei prägt seit mehr als 130 Jahren das Image von Erding. Doch wem sind Greissl- und Ferstlbräu noch ein Begriff oder der Ellmann und der Trillerwirt? Doris Bauer kennt sie alle. Auf Einladung des Historischen Vereins hat die Erdinger Stadtführerin kürzlich von Brauereien und Gastwirtschaften "z'Arding" erzählt.

Doris Bauer referierte vor mehr als 60 Besuchern im Weißbräu an der Langen Zeile sachkundig und unterhaltsam über die Geschichte der Bierstadt Erding. Früher gab es hier viele Brauereien - inzwischen prägt der Erdinger Weißbräu mit innovativen Werbespots und seinem Sportmarketing das Bild. 1971 ging es mit dem Werbespot einer Isar-Floßfahrt los. Seither werden Sport, Berge, Natur, Lebensfreude und Bier eng mit Erding verknüpft, auch mithilfe prominenter Werbepartner wie Franz Beckenbauer, Jürgen Klopp oder Magdalena Neuner.

Doch Erding war schon lange vor dem Start der Erfolgsmarke Erdinger Weißbier eine Bierstadt. "Türmerin" Doris Bauer ließ - mit historischen Fotos unterlegt - die Geschichte aufleben. Bereits vor Tausenden Jahren sei Bier in Ägypten hergestellt worden, so Bauer. Germanen und römische Soldaten bevorzugten dagegen Wein. Die Kunst des Bierbrauens wurde im Mittelalter in Klöstern weiter entwickelt. Starkes, nahrhaftes Bier war in der Fastenzeit beliebt.

In Erding sei zunächst vom 14. bis 16. Jahrhundert Wein getrunken worden. Es gab Weinberge in Wartenberg und der Gemeinde Wörth. 1317 wurde wegen einer schlechten Ernte Bierbrauen sogar verboten. Doch die Zeiten wandelten sich: Erding wurde zur Biermetropole. Im 17. Jahrhundert gab es den bayernweit bekannten Spruch, dass "das beste Bier in Vilshofen, Schärding, Traunstein und Erding" gebraut werde.

1516 wurde in Ingolstadt das Reinheitsgebot für das Herzogtum Bayern für die Bierherstellung festgeschrieben: Nur mit Wasser, Gerste und Hopfen durfte gebraut werden. In Erding gab es bereits im 15. Jahrhundert einen Bierausschank. Brauereien wurden gegründet und der Gerstensaft in Gastwirtschaften ausgeschenkt. Es gab den Greisslbräu, Triller, Trindl- und Reschbrauerei, Jung-,Huber-, Baron-, Lex-, Klösterl- , Ferstl-Bräu samt Ferstlkeller, Ellmann, Empl mit Emplkeller und die Stiftungsbrauerei. Der Erdinger Weißbräu prägt die Bierstadt bis heute.

Der frühere Bürgermeister Austorfer vergab eine Braukonzession an seinen Sohn, dessen Brauerei Jung-Bräu genannt wurde. Die von Valentin Huber war der Huber-Bräu. Bierbrauer Michael Ferstl kaufte 1886 den Ferstl-Bräu, den er an Sohn Michael (der Bürgermeister wurde) übergab. 1906 wurde der Ferstl-Keller an der Dorfner Straße gebaut. Ferstl wurde Großgrundbesitzer, der Urenkel erbte und der Besitz wurde versteigert.

Der Greisslbräu wurde 1717 gegründet. 1793 übernahm Balthasar Schex (von seinem Vater Greissl) eine der größten Erdinger Brauereien. Zum Anwesen gehörte am Haager Tor (heute Einfahrt Tiefgarage) der Trillerwirt. Aus Greissl wurde nach dem Verkauf an Karl Empl der Empl-Keller, der 2006 abgerissen wurde. Baron Ferdinand von Moreau kaufte die Brauerei 1880 - der Betrieb wurde dann 1914 eingestellt.

Jakob und Maria Bachmaier führten die Gastwirtschaft Bachmaier als Greisslwirtschaft bis 1974. Der Baron-Bräu befand sich an der Langen Zeile und wurde nach Baron Walter von Grainger so genannt. 1853 wurde Josef Ellmann Besitzer des Ellmann. Der Junior führte den Betrieb weiter. Bis zur Versteigerung 1920 gab es weitere Eigentümer. Die Brauerei wurde schließlich abgerissen. Das Gasthaus übernahm Kaspar Schmidbauer, bis der Weißbräu neuer Besitzer wurde.

Mit Caspar Lex aus Hofsingelding beginnt die Geschichte des Lex-Bräu

Der Lex-Bräu entstand, als 1796 Caspar Lex aus Hofsingelding Anna Maria Schex heiratete. Sohn Caspar übernahm den Betrieb. Der Klösterl-Bräu wurde 1790 gegründet. Der Resch-Bräu wurde schon 1691 erwähnt und galt als eine der größten Erdinger Brauereien. 1838 kaufte Joseph Fischer den Betrieb, den Sohn Friedrich später übernahm. Er gründete mit Ehefrau Katharina Fischer's Wohltätigkeitsstiftung.

Die Trindlbrauerei wurde 1878 von Josef Trindl gegründet und 1917 von der Stiftungsbrauerei übernommen. Diese wiederum erwarb 1992 der Erdinger Weißbräu. 2022 wurde die Stiftungsbrauerei in Erdinger Brauhaus umbenannt, die Verkaufszahlen stiegen. Von jeder verkauften Flasche geht ein Obolus an die Stiftung.

Der Weißbräu hat seine Wurzeln im 1886 an der Kordonhausgasse gegründeten Weissen Brauhaus. Er zog an die Lange Zeile, wo später im Hinterhof neben der Stadtkirche Weißbier gebraut wurde. Es folgte der Umzug in eine moderne Brauerei am Stadtrand. 1935 hatte Geschäftsführer Franz Brombach übernommen. 1965 trat Werner Brombach - heute Inhaber des Erdinger Weißbräu - in das Unternehmen ein.

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