Süddeutsche Zeitung

Es gibt einige Interessenten:Ottenhofen verkauft sein Schloss

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Da der restliche Teil des Südflügels der früheren Hofmarkanlage unter Denkmalschutz steht, darf die Gemeinde sie nicht abreißen. Eine Sanierung wäre zu teuer. Einem Privatbesitzer wird die Beseitigung eventuell erlaubt

Von Gerhard Wilhelm, Ottenhofen

"Leben im eigenen Schloss! Zuhause in herrschaftlichen vier Wänden! Direkt vor den Toren der Landeshauptstadt München!" - damit wurde das Schloss Ottenhofen bis vor Kurzem potenziellen Käufern auf Immobilienseiten angeboten. Verkäufer ist die Gemeinde Ottenhofen und es gibt sogar einige Interessenten. "Auf das Schloss haben einige mögliche Käufer geboten", sagt Dritter Bürgermeister Georg Lippacher. Man hätte das Objekt gerne selber saniert, aber leider habe die Gemeinde nicht das dazu nötige Geld. Rund drei Millionen Euro wurden zuletzt geschätzt. Ein Abriss des denkmalgeschützten Gebäudes sei aber der Gemeinde vom Landesamt für Denkmalpflege untersagt worden. Jetzt soll in einer nichtöffentlichen Sitzung des Gemeinderats am Dienstag, 14. November, über das weitere Schicksal von Schloss Ottenhofen entschieden werden.

Von dem früheren Hofmarkschloss - eine große Vierflügelanlage - ist heute allein der historische Teil des Südflügels erhalten. Dazu gibt es einen modernen Anbau, über den man gegebenenfalls verhandelt kann, wie es beim Objektexposé des Landesamt für Denkmalpflege heißt. "Dieser denkmalgeschützte Schlosstrakt ruft dazu auf, ein neues Kapitel in der Schlossgeschichte aufzuschlagen", heißt es. Die bisherigen Kapitel zeigen eine wechselhafte Geschichte. 1456 wird am Standort eine mittelalterlichen Burg urkundlich erwähnt. Nach den Zerstörungen im 30-jährigen Krieg erfuhr der Adelssitz unter den Grafen von Rivera tief greifende Umgestaltungen. Noch heute ist aus der Zeit um 1700 das sehenswerte Dachwerk - "vermutlich bereits mit reizvollem Dachreitertürmchen mit Zwiebelhaube", wie es im Exposé heißt - zu sehen. Seine Blüte erlebte die einst mächtige Schlossanlage unter der Herrschaft der Herren von Perusa (1709 bis 1821). Danach folgten zahlreiche Besitzerwechsel und der weitgehende Abbruch des Schlosses bis auf den baulichen Rest des Südflügels. 1954 ging das Schloss in den Besitz der Gemeinde Ottenhofen über und wurde in vier Wohneinheiten aufgeteilt. Eine letzte Veränderung erfuhr der verbliebene Südflügel in den 1960er-Jahren mit seiner profilgleichen Verlängerung durch ein Mehrfamilienhaus.

Der zu verkaufende Teil steht heute mittlerweile leer. Das Gebäude ist stark sanierungsbedürftig und das Denkmalamt empfiehlt eine Gesamtsanierung. Vor allem in dem in den 1960er-Jahren neu aufgemauerten Ostgiebel gebe es "Verformungen, Rissebilder und "statisch-konstruktive Schäden". Auch im Bereich der Gewölbezonen. Den ältesten Teil des Gebäudes bildet ein groß angelegter, mit Kreuzgrat- und Tonnengewölbe versehener Gewölbekeller, der noch aus der Zeit vor dem 30-jährigen Krieg stammen dürfte und vermutlich bis zu den Anfängen des Schlossbaus zurückreicht. Zudem gebe es Putzschäden infolge von Kapillareffekten durch feuchte Mauern im Keller und im Erdgeschoss. Außerdem sind Grünalgen im Kellerbereich und das Dachwerk sei mit Anobien, kleinen Nagekäfern, befallen.

Die Gemeinde kann sich in Zusammenarbeit mit dem Denkmalschutzamt viele Nutzungsmöglichkeiten vorstellen. In den beiden Nutzungskonzepten, die dem Exposé der Gemeinde beiliegen, sind Büroräume, Arzt- und Massagepraxis im Obergeschoss und ein großer Weinkeller samt Laden im Erdgeschoss eingezeichnet. Das Dachgeschoss könnte als Depot und Galerie für die ortskundliche Sammlung eines Heimatmuseums und für Vereine dienen. In beiden Entwürfen ist ein Aufzug zu sehen. Die Pläne der Gemeinde sahen früher an der Stelle ein Mehrgenerationenhaus vor. Und dass zu den Wohnungen noch eine Arztpraxis dazukommt, ein Café oder eine Art Begegnungsstätte und ein Bürgerbüro.

Während der Gemeinde ein Abriss des Gebäude verboten wurde, sieht Bürgermeister Lippacher aber für einen Privatbesitzer durchaus Möglichkeiten, es doch erlaubt zu bekommen. Ob der neue Besitzer einen Antrag auf Abriss stellt oder saniert, überlässt Lippacher dem Wunsch des Käufer. Laut Auskunft von Pressesprecherin Dorothee Ott vom Landesamt für Denkmalpflege ist ein Abriss letztlich eine Entscheidung, die die Untere Denkmalschutzbehörde am Landratsamt Erding im Rahmen einer "Zumutbarkeitsprüfung" treffen müsse - unter Einbeziehung einer Stellungnahme des Landesamtes. "Denkmalschutz ist jetzt nicht sakrosankt für alle Zeiten und heißt nicht, dass sie nie was am Zustand ändern darf", sagt Ott. Es würden auch wirtschaftliche Gründe eventuell für einen Abriss und gegen eine Sanierung sprechen.

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SZ vom 07.11.2017
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