Süddeutsche Zeitung

Erdinger Ringschluss:Post aus Bockhorn

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Bürgerinitiative will im Planfeststellungsverfahren für den S-Bahn-Ringschluss gehört werden

Von Antonia Steiger, Bockhorn/Erding

Unter den Kritikern des S-Bahn-Ringschlusses und der Walpertskirchener Spange wird ausgiebig genetzwerkt, seitdem die DB Netz AG in diesem Sommer eine Planung für den Abschnitt zwischen Schwaigerloh und Altenerding vorgelegt hat. Er umfasst nicht nur den Streckenabschnitt im Stadtgebiet Erding, sondern auch die Abzweigung in Richtung Walpertskirchener Spange. Damit treffen die Planer eine Vorfestlegung für den Verlauf der Walpertskirchener Spange - und rufen die Kritiker dieser Streckenführung auf den Plan. Etwa 110 Einwendungen von Bürgern und sieben Einwendungen von Rechtsanwälten in Vertretung von etwa siebzig Mandanten sind bisher gegen den gesamten Abschnitt eingegangen, wie der Pressesprecher der Regierung von Oberbayern, Wolfgang Rupp, mitteilt. Unter den Einwendungen dürften etliche aus Bockhorn stammen von der Bürgerinitiative Walpertskirchener Spange und ihrer Mitglieder. Sie wehren sich gegen die Gleisführung durch ihre Gemeinde sowie dagegen, dass die Gemeinde Bockhorn gar nicht in das Verfahren eingebunden worden war, obwohl dieser Abschnitt Bockhorn sehr wohl betreffe, wie Hans Handel sagt, der Sprecher der Bürgerinitiative. Für die Bürgerinitiative gebe es viel Unterstützung, sagt Handel.

Kritiker der Trasse für die Walpertskirchener Spange, die den Regionalverkehr Richtung Mühldorf an den Flughafen anbinden soll, gibt es tatsächlich in großer Zahl. Die Trasse zerschneidet das Flora-Fauna-Habitat (FFH) Strogen mit Hammerbach und Köllinger Bächlein aus dem Europäischen Naturerbe-Programm Natura 2000. Dort seien seltene und gefährdete Vogelarten beheimatet, wie Handel schreibt. Der Trassenverlauf würde diese Vogelarten in eine extreme Stresslage bringen, deswegen sei auch der Landesbund für Vogelschutz (LBV) alarmiert. Auch der Kreisverband Erding des Verkehrsclub Deutschland (VCD) bemängelt neben vielen anderen Kritikpunkten, dass die Trasse das FFH-Gebiet "beeinträchtigt und teils zerstört".

Die Einspruchsfrist für das Planfeststellungsverfahren "Lückenschluss Erding - Flughafen München und Walpertskirchener Spange (PFA 4.2 Stadtgebiet Erding)" ist am 14. Oktober 2020 zu Ende gegangen. Davon zu unterscheiden seien "Stellungnahmen durch Behörden, deren öffentlich-rechtlicher Aufgabenbereich durch das Vorhaben berührt wird", teilt Rupp weiter mit, wie Landratsämter im Hinblick auf Belange des Naturschutzes. Die Frist für eine Stellungnahme sei unabhängig von der Einwendungsfrist. Der Erdinger Stadtrat wird an diesem Donnerstag, 22. Oktober, 17.45 Uhr, in der Stadthalle Erding über eine Stellungnahme reden. Eine Vorfestlegung auf die Trasse für die Walpertskirchener Spange dürfte man dort nicht so kritisch sehen. Sie basiert auf dem Wunsch der Stadt Erding, S-Bahn und Regionalzüge auf dem geplanten neuen Bahnhof auf dem Fliegerhorst im Norden der Stadt zu verknüpfen, dies ist die sogenannte Nordvariante. Die Regionalzüge sollen in einem Bogen um Erding herum - durch die Gemeinde Bockhorn - geleitet werden. Verworfen wurde nach langen Diskussionen die Südvariante, bei der die Regionalzüge schon im Süden der Stadt Erding auf die S-Bahn-Trasse eingebogen wären.

Die Bürgerinitiative Walpertskirchener Spange hat nun einen klaren Auftrag an die Regierung von Oberbayern, wie Handel sagt: Sie soll das Anschlussstück zur Walpertskirchener Spange aus dem Planfeststellungsverfahren für den S-Bahn-Ringschluss herausnehmen und gesondert noch einmal bewerten. Dann, so hofft Handel, würden widersprüchliche Aussagen einer genauen Prüfung unterzogen werden. Aussagen, die seiner Meinung nach zu Unrecht die Nordvariante als die bessere dastehen ließen. Ein Beispiel nennt er: Gegen die Südvariante sei die wachsende Lärmbelastung für Anwohner der S-Bahn-Strecke in Erding ins Feld geführt worden. Die neu entstehende Lärmbelastung für Bürger zum Beispiel in Papferding durch die Nordvariante habe dagegen kein Gewicht bekommen. Ähnlich unterschiedlich sei auch der Eingriff in die Natur bei der Variantenabwägung gewichtet worden. Die Bürgerinitiative nennt die Planung daher ein "nicht durchdachtes Stückwerk ohne Visionen in die Zukunft", weil dem Wunsch nach einem neuen Bahnhof alles andere untergeordnet worden sei.

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Quelle:
SZ vom 21.10.2020
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