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Fliegerhorst Erding:Wird der Warteraum Asyl ein Ankunftszentrum?

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Von Florian Tempel, Erding

Im Warteraum Asyl am Fliegerhorst Erding geht es ruhig zu in diesen Tagen, es herrscht kaum Betrieb. Die Zahl der neu ankommenden Flüchtlinge geht gegen Null. Kein Wunder, die Grenzen über die Balkan-Route sind dicht gemacht worden, nur wenige kommen noch durch. Die Flüchtlinge, die es derzeit bis nach Bayern schaffen, können grenznah registriert werden und müssen nicht erst mit Bussen nach Erding gefahren werden. Und trotzdem herrscht in Erding Aufregung.

Das Camp Shelterschleife mit seinen 2500 provisorischen Schlafplätzen in Flugzeughallen und Volksfestzelten könnte bald zu einem so genannten Ankunftszentrum werden, in dem Flüchtlinge doch erheblich länger bleiben würden als nur für eine schnelle Erstregistrierung, nach der sie in Aufnahmeeinrichtungen in ganz Deutschland verteilt werden. Ein Ankunftszentrum ist etwas anderes als ein Warteraum.

"Letztlich ist noch nichts fix", hat der Bundestagsabgeordnete Andreas Lenz (CSU) erfahren. Doch auch er teilt den Unmut von Oberbürgermeister Max Gotz (CSU). Denn beide haben bis Dienstag nichts davon gewusst, dass es überhaupt Überlegungen für eine neue Funktion des Flüchtlingscamps am Fliegerhorst gibt. Niemand hat vorab mit den Verantwortlichen in der Kommunalpolitik gesprochen - weder das Bundesamts für Migration und Flüchtlingen (Bamf) noch die bayerische Staatsregierung, die in die Überlegungen eingebunden ist und am Ende entscheidet, hat mit dem Erdinger Oberbürgermeister das Gespräch gesucht.

Mit den Kommunalpolitikern hat niemand gesprochen

"Das ist eine katastrophale Kommunikation", klagt Lenz - wobei er jedoch vor allem das Bamf im Visier hat. "Das ist das Gleiche wie letztes Jahr", schimpfte OB Gotz am Dienstagabend im Stadtrat. Gotz verwies darauf, dass die Stadt Erding für jede Baugenehmigung und Erschließungsmaßnahme am Fliegerhorst-Camp zuständig sei: "Man muss uns einbinden."

Die Einführung von Ankunftszentren ist prinzipiell längst beschlossene Sache. Auf der Homepage des Bamf ist seit Ende Dezember 2015 zum Thema Ankunftszentrum zu lesen: "Das Bundesamt plant bis Mitte 2016 je einem Standort pro Bundesland einzuführen." Ankunftszentren wurde zunächst für Baden-Württemberg in Heidelberg und für Niedersachsen in Bad Fallingbostel eingeführt und getestet. Asylsuchende werden dort nach Herkunftsländern getrennt registriert. Wer beispielsweise aus Syrien kommt, soll dort binnen wenige Tage einen positiven Bescheid bekommen. Wer aus einem so genannten sicheren Herkunftsland kommt, soll umgehend wieder aus Deutschland ausreisen.

Vier Standorte sind im Gespräch, darunter Erding

Lenz hat am Dienstag mit dem Vizepräsidenten und dem stellvertretenden Leiter des Bamf, Michael Griesbeck und Georg Thiel, telefoniert. Beide haben ihm bestätigt, dass Bamf und Bund gemeinsam mit der bayerischen Staatsregierung überlegten, wo im Freistaat ein Ankunftszentrum eingerichtet werden soll. Vier Standorte seien konkret im Gespräch: Bayreuth, Bamberg, Manching und Erding.

In Bamberg und Manching gibt es bereits Zentren speziell für Flüchtlinge aus den Westbalkanstaaten. Die Entscheidung, wo nun ein Ankunftszentrum nach dem Vorbild Heidelberg entstehen wird, liege bei der Staatsregierung, sagt Lenz, "das wird im bayerischen Kabinett entschieden". Die sei auch deshalb verantwortlich für die Standort-Wahl, da die Ankunftszentren Ländersache seien sollen und keine Einrichtungen des Bundes.

Sollte die Wahl tatsächlich auf Erding fallen, muss vorher geklärt werden, wer Träger des Flüchtlingszentrums wird. Ob dann zum Beispiel das Rote Kreuz das Camp betreibt. Diese Frage ist offenbar noch nicht beantwortet, sagte Lenz.

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Quelle:
SZ vom 25.02.2016
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