Süddeutsche Zeitung

Ebersberg:Angeklagter entgeht der Haft

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Bewährungsstrafe wegen Besitzes von Kinderpornos

Von Wieland Bögel, Ebersberg

Es war ein abstoßendes Archiv, das die Polizei vor knapp eineinhalb Jahren bei einem heute 50-Jährigen sicherstellte: Knapp 1000 Fotos und gut 100 Videos auf denen zu sehen ist, wie Minderjährige, teilweise im Kleinkindalter, von erwachsenen Männern missbraucht werden. Auf die Spur gekommen waren die Ermittler dem Mann über einen anderen Pädophilen, mit dem er über einen E-Mail-Verteiler Kinderpornos austauschte. Da der 50-Jährige damals im nördlichen Landkreis Ebersberg lebte, wurde der Fall nun am Amtsgericht in der Kreisstadt verhandelt.

Zu Beginn der Verhandlung schilderte der Staatsanwalt einige besonders drastische Szenen, die in der Pornosammlung des Angeklagten zu sehen waren. Unter anderem wurden Mädchen, die offensichtlich nicht älter als zwei Jahre alt waren, zu sexuellen Handlungen mit Erwachsenen gezwungen. Die meisten der Motive zeigen Kinder unter 14 Jahren, einige auch Minderjährige über 14, was dann als Jugendpornografie gilt - und ebenfalls verboten ist. Der Angeklagte räumte die Vorwürfe unumwunden ein. Sein Anwalt schilderte, dass sich der 50-Jährige seit kurz nach der Wohnungsdurchsuchung in psychologischer Behandlung befinde, um seine "sexuellen Neigungen" in den Griff zu bekommen. Er habe gezielt nach einer solchen Therapie gesucht, so der Angeklagte, auch nach seinem Wegzug aus dem Landkreis nach Baden-Württemberg habe er die Behandlung fortgesetzt.

Er bedaure, dass es so weit gekommen sei, sagte der Angeklagte, "ich kann gar nicht in Worte fassen, was ich da gemacht habe". Seit er in Behandlung sei, habe er erkannt, welchen Schaden er mit seinem Verhalten angerichtet habe, er habe sich geschworen "nie wieder so einen Gedanken zu haben, dass nie wieder andere Leute darunter leiden müssen".

Diese Einlassung und das Geständnis wertete der Staatsanwalt zugunsten des Angeklagten. Der habe "verstanden, dass er eine problematische Neigung" habe und sei bereit, etwas dagegen zu tun. Außerdem zeige er sichtlich Reue. Seine Vergehen, und das spreche zulasten des 50-Jährigen, seien schwerwiegend: "Hinter jedem Bild steht ein erheblicher Missbrauch und der Angeklagte hat die Nachfrage nach solchen Bildern verstärkt." Der Staatsanwalt beantragte darum ein Jahr Haft, das man aber auf Bewährung aussetzen könne, weil der Mann wegen seiner Therapie eine günstige Sozialprognose habe. Zudem solle der Angeklagte 2000 Euro an eine gemeinnützige Einrichtung zahlen.

Ähnlich fiel auch der Antrag der Verteidigung aus, allerdings seien zehn Monate auf Bewährung ausreichend, so äußerte sich der Advokat. Zudem solle man aufgrund der finanziellen Lage des Angeklagten - er ist derzeit arbeitslos und hat einen Kredit von 20 000 Euro abzuzahlen - die Geldauflage verringern und Ratenzahlung ermöglichen. Das Urteil von Richterin Vera Hörauf lag dann auch ungefähr in der Mitte: Der nicht vorbestrafte 50-Jährige wurde zu elf Monaten auf Bewährung und Zahlung einer Geldauflage von 1500 Euro, zahlbar in monatlichen 150 Euro-Raten verurteilt. Wie der Anklagevertreter und der Verteidiger bewertete auch die Vorsitzende die Reue des Angeklagten als durchaus glaubwürdig: "Jeder, der wegen dieses Tatvorwurfs hier sitzt, schämt sich - bei Ihnen habe ich den Eindruck, dass Verständnis dafür da ist, was das für die Kinder bedeutet."

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Quelle:
SZ vom 20.11.2019
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