Süddeutsche Zeitung

Stadtentwicklung in Dorfen:Der "Sprung über die Bahn" ist der springende Punkt

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Bei der Bürgerdiskussion in der Vorbereitung des städtebaulichen Wettbewerbs für das Meindl-Gelände wird eines deutlich: Eine vernünftige Anbindung des geplanten Quartiers an die Stadt ist die zentrale und wichtigste Herausforderung, die vor allem anderen gelöst werden muss.

Von Florian Tempel, Dorfen

Mit einer sogenannten Bürgerdiskussion ist die Planungsphase für den neuen Dorfener Stadtteil auf dem Gelände der ehemaligen Ziegelfabrik Meindl gestartet. Die Veranstaltung, bei der interessierte Dorfenerinnen und Dorfener im direkten Austausch mit Expertinnen und Fachleuten für Städtebau, Landschaftsarchitektur und Verkehrsplanung Ideen, Wünsche und Hinweise einbringen konnten, führte gleich mal zu einem wichtigen Ergebnis: Im städtebaulichen Wettbewerb muss unbedingt "der Sprung über die Bahn" gelöst werden. Derzeit ist das 2016 stillgelegte Fabrikgelände nur auf Umwegen erreichbar.

In diesem Punkt waren sich alle Teilnehmer am Ende der vierstündigen Info- und Diskussionsveranstaltung einig. Ohne eine überzeugende Lösung, wie die spätere Bewohnerinnen und Bewohner zu Fuß oder mit dem Fahrrad in die bestehende Stadt kommen sollen, könne man keinen neuen Stadtteil entwickeln. Eine Anbindung mit einem Weg entlang der Gleise bis zur Bundesstraße B15, so wie das derzeitige Provisorium, könne dauerhaft nicht die einzige Lösung sein.

Seit der frühere Meindl-Bahnübergang an der Bahnhofstraße vor knapp einem Jahr für immer geschlossen wurde, weil er veraltet und nicht sicher genug war, ist der Weg auf das Gelände umständlich. Bis dahin war das der normale Weg, ob mit dem Auto, dem Rad oder zu Fuß. Es ist ja nicht so, dass da nichts los wäre. Es gibt in alten und neuen Gebäuden reichlich Büros, die Akademie für Sozialverwaltung, einen Kindergarten und die Veranstaltungs- und Gastroangebote des Tonwerks. Mit dem Auto kann man das Gelände nur noch in einem großen Bogen hintenrum anfahren. Der Weg ist mehrere Kilometer länger als früher. Man muss raus aus der Stadt, den Berg hoch Richtung Autobahn, dann links durch zwei Kreisverkehre Richtung Schwindkirchen und schließlich über eine Fabrikstraße wieder runter. Das ist umständlich, geht aber. Der derzeitige Ersatzweg für Leute, die zu Fuß gehen oder mit dem Rad fahren, ist jedoch eine Zumutung, weil es an der Bundesstraße B15 keinen gesicherten Übergang gibt. Und auch eine von der Deutschen Bahn geplante Unterführung, die beim Ausbau der Bahnlinie irgendwann mal gebaut werden soll, erscheint in jedem Fall als zu wenig.

Die Frage, wie es später einmal besser gehen soll, war der zentrale Punkt in den Bürgerdiskussionen - und die Fachleute sahen die Wichtigkeit ebenso. Um eine gute Antwort zu finden, soll, wenn es möglich ist, das Gebiet für den bald beginnenden städtebaulichen Wettbewerb erweitert werden. Mindestens um die derzeit als Autoparkplatz genutzte Kiesfläche an der Bahnhofstraße neben dem ehemaligen Bahnübergang.

Professor Hans-Peter Hebensperger-Hüther, Architekt, Städteplaner und Mitglied im Expertengremium des staatlichen Modellprojekts "Stadtland Bayern", in dem die Konversion des Meindlgeländes zu einem Wohnquartier begleitet wird, sagte, ohne das gehe es nicht. Die Teilnehmer des Städtebauwettbewerbs müssten ja, um zum Beispiel eine Brücke über die Gleise zu planen, wissen, wo diese auf der anderen Seite wieder herunterkommen könne. Auch Professor Rolf Möckel, Verkehrsexperte der TU München, sprach sich für einen attraktiven Rad- und Fußweg über die Gleise Richtung Stadtzentrum aus. Die Zufahrt für Autos lasse sich mit Parallelstraßen entlang der Gleise sehr viel leichter lösen. Fußgänger und Radfahrer bräuchten jedoch eine direktere Verbindung. Die Architektin Julia Mang-Bohn, deren Büro den Wettbewerb fachlich begleitet, sagte zu, man werde versuchen, dieses wichtige Thema ganz deutlich in die Wettbewerbsunterlagen einzuarbeiten.

Über den Aspekt einer vernünftigen Anbindung an die Stadt hinaus brachte die Bürgerdiskussion eine Reihe von Anregungen, was man von einem modernen Stadtquartier erwarten dürfe. Neben den bekannten und üblichen Wohnformen soll es dort auch Platz für Genossenschaftsbau und Baugemeinschaften geben. Parkplätze für Autos sollten nicht mehr direkt vor den Haustüren eingerichtet werden. Es brauche Raum für Gemeinschaftsbereiche, für Nutzgärten und Begegnungen im Quartier - und am besten auch eine Nahversorgung. Der Dorfener Immobilienentwickler Robert Decker, dem das Gelände gehört, sagte, dass auch er sich Vielfalt wünsche: "Da ist genug Platz für alles Mögliche."

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