Süddeutsche Zeitung

Dorfen:Auf der Zielgeraden die Kurve gekriegt

Lesezeit: 3 min

Der Dorfener Bauausschuss beschließt einstimmig eine Kompromisslösung: Die geplante 400 Meter-Laufbahn am Schulsportgelände wird verschwenkt. Das Förderzentrum ist so nur am Rand betroffen. Die Kosten steigen allerdings um 500 000 Euro auf zwei Millionen

Von Florian Tempel, Dorfen

"Mir fällt ein großer Stein vom Herzen" - Gabi Schober, die Direktorin des sonderpädagogischen Förderzentrums Dorfen, atmete nach der mit Spannung erwarteten Entscheidung des Bauausschuss tief durch. Erst auf der Schlussgeraden war für den geplanten Bau einer 400 Meter-Laufbahn ein für alle Beteiligten akzeptabler Kompromiss gefunden worden. Die Laufbahn wird nun doch nicht mitten in den grünen Pausenhof und Freibereich des Förderzentrums hineingebaut. Mit einer Drehung in der Längsachse wird das Oval so verschwenkt, dass es das Förderzentrum nur in einem Randbereich betrifft. Das lässt sich verschmerzen. Die Dorfener Sportler durften sich auch freuen, denn eine wettkampftaugliche 400 Meter-Bahn ist etwas Besonderes. Die Stadt Dorfen lässt sich das einiges kosten: der Neubau der Sportanlage wird um etwa eine halbe Million Euro teurer.

Vor der Sitzung im Jakobmayer stauten sich - mit gebührendem Abstand zu einander - zahlreiche Besucher im Eingangsbereich und auf der Treppe zum Saal in der ersten Etage. Es war ein gemischtes Publikum: Sportbegeisterte, die auf eine moderne Laufbahn hofften, sowie viele Eltern vom Förderzentrum, die um den Erhalt des Freiraums ihrer Kinder bangten. Nach den Corona-Regularien des Dorfener Stadtrats durften jedoch nur 20 Leute auf die Galerie. Viele zogen deshalb wieder ab, andere blieben vor der Saaltür und lauschten gespannt, was sich drinnen tat.

Die Sanierung der Schulsportanlage inklusive ihrer völlig desolaten 333 Meter-Laufbahn sei eine "Maßnahme, die zwingend notwendig ist", erklärte Bürgermeister Heinz Grundner (CSU). Die nach modernen Standards zu kurze Rundbahn sei immer schon nur "eine Behelfslösung" gewesen und sollte nun durch ein zeitgemäßes Oval ersetzt werden. Nach langem Hin und Her habe man "eine gute Lösung gefunden", die allen und allem gerecht werde.

Tatsächlich sind 333 Meter-Bahnen nicht völlig blödsinnig, sondern historisch gesehen ein Klassiker. Dreimal rund herum ergibt einen Kilometer. Dass sich die 400 Meter-Bahn schon vor Jahrzehnten durchgesetzt hat, liegt an den Briten, die für die moderne Leichtathletik maßgeblich waren. Für sie war natürlich die englische Meile mit ihren 1609 Metern die entscheidende Wegstrecke, die man mit vier Umrundungen einer 400 Meter-Bahn vollbringt. Gerade bei Schulsportanlagen findet man aber immer noch 333 Meter-Oval - wenn überhaupt. Das Anne-Frank-Gymnasium hat so einen klassisch deutschen Rundkurs, das Korbinian-Aigner-Gymnasium hat gar keine runde Laufbahn. In Erding gibt es aber natürlich die tolle blaue 400 Meter-Bahn im Sepp-Brenninger-Stadion, wo auch schon bayerische Meisterschaften ausgetragen wurden. Das sollte in Dorfen auch bald möglich sein.

Mit einer Drehung der Laufbahn wird der Eingriff in das Schulgelände des Förderzentrums viel weniger gravierend, als er es wäre, wenn man das kurze Oval stur in Richtung Förderzentrum verlängert hätte. Von den 2500 Quadratmeter Pausen- und Freibereich wären dann 1500 Quadratmeter weggefallen.

Allerdings ist der Bau einer verschwenkten 400 Meter-Bahn technisch aufwendiger und entsprechend teurer. Im nördlichen Teil ist das Gelände abschüssig. Dort muss ein Höhenunterschied von fast sechs Metern ausgeglichen werden. Ein kleines, aber wohl lösbares Problem ist, dass die Stadt mindestens 500 Quadratmeter vom angrenzenden Acker erwerben muss, um die Bahn bauen zu können. Statt der eingeplanten 1,5 Millionen Euro wird nun mit Kosten von zwei Millionen Euro gerechnet.

Die Idee, eine 400 Meter-Bahn im geplanten Sportpark am Stadtrand zu bauen, wurde aus zwei Gründen fallen gelassen. "Es wäre auch eine Option gewesen", sagte Bürgermeister Grundner, aber eine Realisierung würde viel zu lang dauern und die Bahn wäre auch sehr weit weg von den Schulen. Im Vorfeld hatten die Rektorinnen und Rektoren der Grund- und Mittelschule und des Gymnasiums den Bau einer 400 Meter-Bahn uneinheitlich eingestuft. Für die Grund- und Mittelschule hätte es auch weiterhin eine 333 Meter-Bahn getan. Im Gymnasium wurde eine längere Bahn hingegen sehr positiv gesehen, auch wenn sie bis jetzt nicht nötig war. Die Sportvereine hatten natürlich die Trommel für das große Oval gerührt. Der Skiclub hatte zum Beispiel der Stadt geschrieben, das sei ja schließlich "weltweit Standard" und sollte deshalb auch in Dorfen so sein.

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Quelle:
SZ vom 12.02.2021
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