Süddeutsche Zeitung

Die erste Anordnung taucht 2001 auf:Recht haben heißt nicht, Recht bekommen

Lesezeit: 3 min

Das Bayerische Verwaltungsgericht stimmt bei einem Ortstermin in Eichenried für Aufhebung eines umstrittenen Halteverbots. Der Kläger muss dennoch hoffen, dass der Gemeinderat mitspielt

Von Regina Bluhme, Moosinning

So schnell kann's gehen. Eine Delegation des Bayerischen Verwaltungsgerichts kommt zu einem Ortstermin in die Birkenstraße nach Eichenried - und gerät vom rechten Weg ab: Der Kleinbus der Juristen wurde eindeutig im Halteverbot abgestellt. Eine legale Parkmöglichkeit war jedoch nicht in Sicht beim Treffpunkt Hausnummer 20. Dort wohnt Erich Fuchs. Er hat gegen das von der Gemeinde Moosinning verhängte Halteverbot gegenüber seines Hauses geklagt. Das Verwaltungsgericht gab ihm recht, doch ob der Sieg Fuchs etwas nutzt, ist ungewiss. Die Frist für die Klage ist abgelaufen. Nun muss er auf den Bauausschuss hoffen. Bürgermeisterin Pamela Kruppa (CSU) wird im Juni dem Gremium die Aufhebung des Verbots vorschlagen.

"Jetzt befinden auch wir uns im illegalen Bereich", sagte Vorsitzender Richter Dietmar Wolff schmunzelnd beim Aussteigen. Die Szenerie an Mittwoch Morgen war ein wenig bizarr. Der Kleinbus des Verwaltungsgerichts stand im Halteverbot - und nebenan wartete ein Abschleppwagen. Er habe aber nichts zu befürchten, versicherte Bürgermeisterin Pamela Kruppa (CSU) dem Vorsitzenden Richter. Die Bauhofmitarbeiter mussten sich um den Wagen von Bernd Göhler, dem Geschäftsleiter der Gemeinde, kümmern. Der war beim Parken vor dem Haus von Erich Fuchs auf einen Mauervorsprung aufgefahren und hing fest. Nachdem der Wagen befreit und - im Halteverbot - geparkt war, konnte die Delegation mit der Besichtigung beginnen.

Die Birkenstraße in Eichenried führt von der Hauptstraße zu Feldern und dem Freizeitgelände. Halteverbote sind dort schon länger ein Thema. Die erste Anordnung taucht 2001 auf, sagte Bürgermeisterin Kruppa. Es kämen immer wieder Briefe von Anwohnern, auch welche, die ein Halteverbot forderten. Zum Beispiel, weil parkende Autos die Sicht aus der Ausfahrt versperrten oder lautes Türknallen störe. Außerdem sei die Straße im Sommer viel befahren von Familien Richtung Freizeitgelände, vor allem aber auch von Landwirten mit breiten Maschinen.

Vier Parteien wohnen im Haus von Erich Fuchs. "Jeder hat zwei Autos, wir sind drauf angewiesen". Auf dem Grundstück gebe es acht Stellplätze, doch "die reichen hinten und vorne nicht". Gegen das Halteverbot auf der Seite seines Hauses habe er auch nichts einzuwenden, betonte Erich Fuchs. Dass im Zuge der Bauarbeiten an der B388 im Sommer 2017 vorübergehend auch auf der östlichen Straßenseite ein Halteverbot eingerichtet wurde, das habe er eingesehen. Aber die Beschilderung sei dauerhaft geblieben - seither darf zusätzlich von Hausnummer 21 bis 29 nicht mehr geparkt werde. Er wisse nicht mehr, wo er sein Auto abstellen solle, geschweige denn der Besuch. Mittlerweile habe er sogar einen Stellplatz bei einem Freund angemietet.

Zusammen mit zwei hauptamtlichen und zwei ehrenamtlichen Richtern nahm Vorsitzender Richter Dietmar Wolff die Birkenstraße in Augenschein. Genauer gesagt den Teil, in dem ein erweitertes Halteverbot herrscht und das geht von Hausnummer 21 bis 29 (seit August 2017) und von 29 bis 33 (seit 2016). Wenige Meter weiter ist das Parkverbot nur auf eine Seite beschränkt.

An zwei Stellen wurde die Straßenbreite nachgemessen. 5,50 Meter, da könne er keine "qualifizierte Gefahrenlage" erkennen, so Richter Wolff. Ein Unfallschwerpunkt gebe es in der Birkenstraße auch nicht und auch die Polizei habe sich bei einer Befragung "neutral verhalten". "Wir sind hier nicht in der Leopoldstraße", betonte der Vorsitzende Richter des Bayerischen Verwaltungsgerichts. Gemeinsam mit den Kollegen kam er zu dem Schluss, dass Erich Fuchs mit seiner Klage "durchaus recht hat". Das erweiterte Verbot gegenüber des Hauses von Erich Fuchs sei aufzuheben.

So richtig freuen konnte sich Fuchs aber nicht lange, denn "es gibt ein Problem", wie Richter Wolff hinzufügte. Der Kläger und sein Anwalt seien "offensichtlich einem Irrtum aufgesessen": Das erweiterte Halteverbot sei zum 1. August 2017 dauerhaft beschlossen worden und somit die Jahresfrist für eine Klage abgelaufen.

Nun bleibt Erich Wolf nur noch die Hoffnung auf den Bauausschuss Moosinning. Pamela Kruppa sagte am Mittwoch zu, dass sie in der Juni-Sitzung dem Gremium die Aufhebung des Halteverbots von Hausnummer 21 bis 29 vorschlagen werde. Normalerweise werde ja den Empfehlungen der Bürgermeister gefolgt, erklärte Wolff. Pamela Kruppa ist sich da nicht so sicher. "Wir sind schon mitten im Wahlkampf. Da kann man das schwer abschätzen."

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SZ vom 27.05.2019
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