Süddeutsche Zeitung

Vorverkauf läuft:Poesie, Psychologie und Politik

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Der "Literarische Herbst in Zorneding" bietet wieder einen höchst vielgestaltigen Reigen

Von Anja Blum, Zorneding

Ein ehemaliger Kommissar, ein Spitzenpolitiker, Schauspieler, Musiker: Eine vielgestaltiger Reigen ist es, der den nächsten "Literarischen Herbst in Zorneding" gestaltet, denn das Veranstaltungsteam liebt es, nicht nur Klassisches, sondern auch Aktuelles und vor allem Abwechslung zu bieten. Bereits seit elf Jahren organisieren der Verein Pro Christophoruskirche und die Gemeindebücherei Zorneding die Reihe und tragen damit einen beträchtlichen Teil zum kulturellen Leben im Ort bei. Neben der bunten Mischung an Themen gehört es zum Erfolgsrezept des Literarischen Herbstes, dass er dem Publikum große Namen, aber auch jede Menge Lokalkolorit kredenzt: Die Abende werden mal gestaltet von prominenten Gästen, mal von einem bewährten Zornedinger Vorleseteam.

Zum entspannten Einstieg am Dienstag, 8. Oktober, gibt dieses auch heuer wieder "Schräge Kurzgeschichten" zum Besten, diesmal unter dem Motto "Köstliches und Kurioses für Leib und Seele". Es lesen Karin Ossig, Gabi Schlereth, Bürgermeister Piet Mayr und Peter Wurm. Das Publikum im Gemeindesaal der Christophoruskirche darf sich auf Wein, Käse und weitere Schlemmereien freuen, los geht's um 20 Uhr, der Eintritt kostet zehn Euro.

Einen Blick in die "Abgründe eines Komikers" wirft der Schauspieler Michael Lerchenberg am Samstag, 19. Oktober, im Mairsamersaal im Pöringer Limone. Er präsentiert den grandiosen Komiker, Humoristen, Autor, Schauspieler und Filmproduzenten Karl Valentin und seine kongeniale Partnerin Liesl Karlstadt. Der Humor von Valentin ist geprägt von einem außergewöhnlichen Sprachwitz. Zudem war er Pessimist, seine Komik ist daher oft tragisch und genährt durch den ständigen Kampf mit alltäglichen Dingen. Michael Lerchenberg lotet diese Abgründe im Leben und Werk Karl Valentins aus. Er liest und rezitiert, er erzählt und spielt und schlägt die große Trommel. Mit ihm agiert und streicht am Cello Jost-H. Hecker. Beginn ist um 20 Uhr, der Eintritt kostet 20 Euro.

Weit mehr als eine Lesung steht auch am Donnerstag, 24. Oktober, auf dem Programm, nämlich ein Livehörspiel: Cornelia Bernoulli und E. Matthias Friedrich präsentierten ihr Programm "Theodor Fontane: ein weites Feld". Anlässlich des 200. Geburtstags des Autors machen sich die beiden Schauspieler - angeregt und ohne akademischen Ernst - über die Gesellschaftsromane Fontanes her, beschreiben die Dynamiken und die Rollenzuweisungen zwischen den originellen Paaren. Und - wen wundert's? - die psychologischen Spielchen Ende des 19. Jahrhunderts weisen dabei oft erstaunliche Parallelen zur Gegenwart auf... Der Abend findet statt im Gemeindesaal und startet um 20 Uhr, der Eintritt kostet 15 Euro.

"Die Geister, die ich rief": Unter diesem Titel präsentiert Organisator Peter Wurm am Mittwoch, 30. Oktober, um 20 Uhr in der Gemeindebücherei bekannte wie unbekannte Balladen, Gedichte und Geschichten - anregend und interessant, bewegend und mitreißend, nachdenklich machend oder einfach schön.

Wieder eine ganz besondere Form hat die Veranstaltung am Mittwoch, 6. November, im Gemeindesaal: Stefan Rautenberg und Jeanine Krause gestalten ein "Sprechendes Konzert" zu Erich Kästners fantasievollen Gedichtzyklus "Die dreizehn Monate". Im Zusammenspiel von Musik und gesprochenem Wort entsteht eine Atmosphäre ungehörter und betörender Art. Stefan Rautenberg erweist sich als Magier der Worte und öffnet zur Überraschung der Besucher seinen Zauberkasten, die amerikanische Musikerin Jeanine Krause interpretiert den Charakter jedes Gedichts mit der Oboe. Los geht's um 20 Uhr, der Eintritt kostst 15 Euro.

Als "bewegend, überraschend, berührend" ist auch der nächste Abend des Vorleseteams angekündigt: Am Mittwoch, 13. November, bringt es im Gemeindesaal "Ungewöhnliche Briefe bekannter Persönlichkeiten" zu Gehör. Die von dem britischen Herausgeber Shaun Usher zusammengetragene Sammlung mit dem Titel "Letters of Note" besteht aus vielen unterhaltsamen wie inspirierenden Briefen der Weltgeschichte. Das Publikum wird mitgenommen auf eine Reise durch ergreifende Liebesgeständnisse, hochkomische Korrespondenz und skurrile Schriftstücke. Es lesen Carolin Schubert, Till Gerhard und Peter Wurm, Beginn ist um 20 Uhr.

Weniger Geschichten denn Geschichte steht am Montag, 18. November, um 20 Uhr in der Bücherei auf dem Programm, denn da widmen sich Karin Ossig und Gabi Schlereth dem Thema "Starke Frauen - fantasievoll, rebellisch, außergewöhnlich, umwerfend". Mutige Frauen aus Politik, Wissenschaft und Kunst haben die Welt verändert und verändern sie weiter. Mit einer ungewöhnlichen Mischung aus biografischen Texten, bewegenden Briefen, Interviews und Gesprächen sowie ironischen Kurzgeschichten wirft der Abend einen Blick auf verschiedene Lebenswege.

Wenig mit Fiktion am Hut hat leider auch das Schaffen von Josef Wilfling: Er spricht am Dienstag, 26. November, im Gemeindesaal der Christophoruskirche über "Die reale Welt des Bösen" und gibt Einblicke in die Arbeit einer Mordkommission. Wilfling galt als Vernehmungsspezialist und klärte spektakuläre Mordfälle auf. Nach seiner Pensionierung schrieb er mehrere Bücher, in denen er seine Fälle schildert und der Frage nachgeht, aus welchen Motiven heraus Menschen zu Mördern werden. Beim Münchner Krimifestival wurde er mit dem Andreas-Hoh-Preis ausgezeichnet. Nach seinem spannenden Vortrag steht er für Fragen aus dem Publikum zur Verfügung. Los geht's bereits um 19.30 Uhr, der Eintritt beträgt 15 Euro.

Nicht fehlen darf freilich ein "Streifzug durch die Bestsellerlisten", ihn kann man unternehmen am Freitag, 6. Dezember, um 20 Uhr in der Bücherei mit Ossig, Schlereth und Wurm.

Alles andere als heimelig wird wohl der Abend mit "Geschichten zur Winterzeit" mit Gerd Anthoff am Donnerstag, 12. Dezember. Denn der bekannte Schauspieler nimmt seine Zuhörer stimmgewaltig mit auf eine unterhaltsame, spannende Achterbahnfahrt. Es geht auf und ab, mit jähen Wendungen, kurzen Erholungspassagen, die nur Vorbereitung für den Sturz ins Bodenlose sind, der wiederum in wohliger Freude endet. All diese winterlichen Gefühle werden von Erwin Rehling an Schlagzeug, Steinspiel, Glocken und Bass-Marimba zusammengehalten und weitergesponnen. Die Veranstaltung findet statt im Martinstadl, beginnt um 20 Uhr und kostet 20 Euro Eintritt.

Und zu guter Letzt gibt es zum Literarischen Herbst noch einen Nachschlag im Winter: Am Dienstag, 7. Januar, stellt Robert Habeck im Gemeindesaal sein neues Buch "Wer wir sein könnten" vor. Politik habe viel mit Schreiben zu tun, sagte der Autor und Bundesvorsitzender der Grünen in einem Interview. Nun nimmt er die Sprachverrohung in der Politik in den Blick, analysiert leidenschaftlich und anschaulich Begriffe wie "Asyltourismus", "Überfremdung" oder "Gesinnungsdiktatur". So skizziert Habeck eine Poetik des demokratischen Sprechens, das dazu aufruft, sich einzumischen. Los geht's um 20 Uhr, der Eintritt kostet 15 Euro.

Infos gibt es im Internet unter www.literarischer-herbst-zorneding.de. Karten kann man erwerben im Pfarramt der Christophoruskirche, in der Gemeindebücherei, bei Steffis Schreibwaren, bei AP-Buch in Baldham und der Papeterie Löntz in Vaterstetten. Wenn nicht anders angegeben, ist der Eintritt frei, die Veranstalter freuen sich aber immer über Spenden.

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Quelle:
SZ vom 16.09.2019
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