Süddeutsche Zeitung

Mitten in Ebersberg:Von Kellen und Kaltschweiß

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Ein paar Bier intus? Die Karre geklaut? Um bei einer Verkehrskontrolle nervös zu werden, braucht es nicht mal das.

Glosse von Franziska Langhammer, Ebersberg

Ein Klassiker unter den Kinderwitzen ist der mit dem Auto, das über eine Brücke fährt und von der Polizei angehalten wird. Der Polizist gratuliert, weil es das Millionste Gefährt ist, das die Brücke passiert, und fragt, was die Insassen mit dem Preisgeld machen werden. "Erstmal meinen Führerschein", sagt der Fahrer. Seine Frau grätscht panisch von der Seite rein: "Hören Sie nicht auf ihn, er ist total besoffen!" Von hinten röhrt der schwerhörige Opa: "Ich hab's ja gesagt, mit der geklauten Karre kommen wir nicht weit!" Und aus dem Kofferraum tönt es: "Sind wir schon über der Grenze?"

Ähnlich kaltschweißig wie die beifahrende Ehefrau kann man sich derzeit als Autofahrer fühlen, wenn man sich durch Ebersberg-City schlängelt. Schon von Weitem sieht man auf der Heinrich-Vogl-Straße, auf Höhe des Klostersees, drei Männer, von denen einer uniformiert ist und mit der Kelle winkt. Auch wenn (oder vielleicht gerade weil?) man stocknüchtern und bisher noch nie mit dem Gesetz in Berührung gekommen ist, kann das zu erhöhtem Puls führen: Bin ich richtig angeschnallt? Ist die TÜV-Plakette aktuell? Mist, das Service-Zeichen im Auto blinkt schon seit ein paar Tagen. Ob das was kostet?

Das Auto wird in eine Parkbucht gelenkt, ein junger Mann klopft an die Scheibe. Das Fenster wird herunter gelassen, und mit Südtiroler Akzent erklärt der freundliche Herr, dass es sich hier um die Verkehrszählung der Stadt Ebersberg handelt. "Es dauert nicht lange", verspricht er. Und tatsächlich, er stellt nur die drei großen Fragen des Lebens: Woher kommst du? Wohin fährst du? Und warum? Zum Glück hat man auf alle drei Fragen eine plausible Antwort. Während der junge Mann emsig vor sich hin notiert, kommt auch der uniformierte Polizist vorbei und grüßt freundlich. Der Südtiroler bedankt sich lächelnd. Ausgesprochen gute Laune scheinen die Jungs hier zu haben - na, sie sind ja auf der anderen Seite des Autofensters.

Dieses wird nun übrigens eilig wieder hoch gekurbelt, damit das Piepsen des Autos nicht das außen dringt. Das ertönt nämlich immer, wenn das Service-Zeichen aufleuchtet. Betont gelassen winkt man noch einmal in Richtung der Fahrer-Befrager, Schulterblick, Blinken - und raus. Und schon werden die nächsten Fahrzeuge in die Parkbucht gewunken. Wer weiß, was bei denen am Armaturenbrett so blinkt. Jetzt aber schnell weg hier.

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