Süddeutsche Zeitung

Fällaktion in Vaterstetten:Rodung soll teuer werden - Eigentümer muss aufforsten

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150 Bäume werden in einer ungenehmigten Aktion in Vaterstetten gefällt. Nun leitet die Gemeinde ein Bußgeldverfahren gegen den Besitzer ein.

Von Daniela Gorgs, Vaterstetten

Die Gemeinde Vaterstetten kündigt an, im Baldhamer Villenviertel hart durchzugreifen. Der Eigentümer, der innerhalb weniger Stunden das Stückchen Wald auf seinem Grundstück an der Erika-Köth-Straße roden ließ, soll verpflichtet werden, wieder aufzuforsten. Nach Angaben ihres Geschäftsleiters Georg Kast sieht die Gemeinde Vaterstetten die Aktion als "klaren Verstoß gegen die Baumschutzverordnung". Ein Ordnungswidrigkeitsverfahren ist bereits eingeleitet.

Der Eigentümer des 10 000 Quadratmeter großen Grundstücks hatte am Wochenende einen Großteil des Baumbestandes fällen lassen. Innerhalb weniger Stunden fielen am vergangenen Freitag und Samstag reihenweise Fichten. Als der Zweite Bürgermeister Martin Wagner (CSU) nach Hinweisen der Anwohner die Rodung am Samstagmittag stoppte, hatte der Harvester mit Greifarm, Zange und Säge bereits zirka 150 Bäume umgelegt und die Stämme gestapelt.

Gemeinde will ein Bußgeld verhängen, eine mittlere bis höhere fünfstellige Summe

Nach Auskunft des Geschäftsleiters hatte der Eigentümer nur die Erlaubnis, vier Rotfichten, die vom Borkenkäfer befallen waren, zu fällen. Eine Baumexpertin soll jetzt das Ausmaß der illegalen Rodung feststellen und jeden einzelnen Stamm ausmessen. Erst dann kann die Gemeinde die Höhe des Bußgeldes festlegen, das Kast auf eine mittlere bis hohe fünfstellige Summe schätzt. Er findet deutliche Worte für die seiner Ansicht nach "geplante Aktion". Wegen vier Bäumen müsse man keinen Harvester organisieren. Hier sei es darum gegangen, "alles platt zu machen". Man könne noch von Glück reden, dass der Zweite Bürgermeister die Aktion mittags beherzt gestoppt habe. "Um 16 Uhr wäre alles platt gewesen", sagt Kast.

Für jeden illegal gefällten Baum wird der Eigentümer einen kräftigen Laubbaum pflanzen müssen, kündigt der Geschäftsleiter an. "Der wird richtig bluten müssen." Der Verstoß gegen die Baumschutzverordnung in dieser Dimension ist laut Kast in der Gemeinde Vaterstetten bislang einzigartig.

Als "dreist" bezeichnet der Geschäftsleiter auch die Einlassung des Eigentümers, der über seinen Anwalt erklärt haben soll, von einer Baumschutzverordnung nichts gewusst zu haben. Wie Kast berichtet, verstößt der Grundstücksinhaber nicht zum ersten Mal gegen diese Verordnung. Sollte eine Bauabsicht hinter der Fällaktion stehen, erteilt Kast bereits jetzt eine Absage: "In diesem Teil des Grundstücks gibt es kein Baurecht." Etwa drei Mal im Jahr würden im Gemeindegebiet Vaterstetten geschützte Bäume umgesägt, weil sie einem Bauvorhaben entgegenstünden oder der Schattenwurf missfalle, so Kast. Wer eine Motorsäge hört, solle bei der Gemeinde anrufen oder bei der Polizei. Dort ist seit diesem Wochenende auch eine Nummer eines Verwaltungsmitarbeiters hinterlegt, der weiß, welche Bäume zum Fällen freigegeben sind.

Die Mieter des Anwesens und die Nachbarn sind über diesen Kahlschlag erbost. Die Grundstücke im Baldhamer Villenviertel südlich der Bundesstraße 304 sind dafür bekannt, dass sie locker bebaut und zugewachsen sind. Wer durch die Mozartsiedlung spaziert, kann die Häuser, die sich hinter kräftigen, dicht stehenden Bäumen verstecken, nur erahnen. Umgekehrt gibt die Innensicht dem Bewohner das Gefühl, als lebe er mitten im Wald. Die Mieter an der Erika-Köth-Straße haben nun freien Blick auf die Straße.

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SZ vom 05.03.2020
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