Süddeutsche Zeitung

Schüleraustausch:Freundschaften über Kontinente hinweg

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An der Markt Schwabener Mittelschule gibt es ein neues Austauschprogramm - mit Abakan in Sibirien. In diesem Sommer steht der erste Besuch im fernen Osten an, ein Jahr später besuchen russische Schüler den Landkreis.

Von Joseph Hausner

Beim Wort Schüleraustausch denken die meisten wohl an warme Orte mit Sommer, Sonne und Strand. Länder wie Spanien und Frankreich erfreuen sich großer Beliebtheit, auch die USA liegen im Trend. Bereits erworbene Sprachkompetenzen sollen erweitert, fremde Kulturen kennengelernt werden. Wirklich fremd sind diese jedoch selten, sondern meistens wohlbekannt aus vergangenen Urlaubsreisen. Vieles davon ist bei der Mittelschule Markt Schwaben anders. Sie startet ein Schüleraustauschprogramm mit Abakan - einer Stadt in Sibirien.

"Es war ein überwältigender Empfang", schwärmt Markt Schwabens Konrektor Alfred Scheffelmann, wenn er an seine erste Reise nach Abakan zurückdenkt. "Die Lehrer und Schüler haben gesungen, getanzt und uns mit ihren selbst gebackenen Köstlichkeiten verwöhnt." Vergangenen Juli war er mit seiner Kollegin Olga Singer in die Chakassische Republik in den Süden Sibiriens gefahren, um die Weichen für das Austauschprogramm zu stellen. Die dortige Schule heißt ganz schlicht "Schule Nummer 10".

Der Kontakt mit dieser kam durch Olga Singer selbst zustande, die unter anderem Mathematik, Deutsch und Englisch an der Mittelschule in Markt Schwaben unterrichtet. Sie wurde in der Nähe von Abakan geboren und hat dort studiert, ehe sie 1994 nach Deutschland kam. Ihre ehemalige Studienfreundin, Oksana Strunina, ist heute Lehrerin an der Schule Nummer 10.

"Die deutsche Sprache verliert an Wert in Russland", sagt Singer. In Schulen werde häufig nur noch Englisch gelehrt, Deutsch dagegen verschwinde zunehmend aus den Lehrplänen. "Deswegen hat meine Studienfreundin den Wunsch, der deutschen Sprache wieder mehr Bedeutung zu verleihen", erklärt sie. So seien sie gemeinsam auf die Idee gekommen, einen Schüleraustausch zu initiieren. Gefördert wird das Projekt vom Auswärtigen Amt, der Stiftung Deutsch-Russischer Jugendaustausch und dem Bayerischen Jugendring. Nur die Hälfte der Reisekosten müssen die Schüler selbst zahlen.

Nach langen Planungen ist es im Juli dann so weit: Sieben Kinder aus allen Jahrgangsstufen von der fünften bis zur neunten Klasse reisen für zehn Tage in die Chakassische Republik. Die Schule Nummer 10 wird den Ankömmlingen einen Empfang mit Reden, Musik und Vorführungen bereiten. Um ihren Gastgebern auch etwas bieten zu können, üben die deutschen Schüler derweil Lieder auf russisch ein. Dafür treffen sie sich zweimal wöchentlich mit ihren Begleitlehrern Alfred Scheffelmann, Olga Singer und Alexander Werner. Traditionelle russische Zigeunerlieder stehen genauso auf dem Programm wie "Brat Ivan", die russische Version des bekannten Kanons Bruder Jakob. Voraussichtlich im Oktober 2015 kommen die sibirischen Schüler dann zum Gegenbesuch nach Deutschland.

Ziel des Schüleraustausches ist es, die deutsche Sprache in Sibirien zu pflegen. Auch in den Familien, in denen die Jugendlichen untergebracht werden, sollen Besucher und Gastgeber sich auf Deutsch unterhalten. Das Künstlerische spiele bei diesem Austauschprogramm ebenfalls eine wichtige Rolle, sagt Konrektor Scheffelmann. "Die Kinder werden viel malen und zeichnen", sagt er. Das helfe auch bei möglichen Verständnisproblemen: "Kunst und Musik verbinden, da brauchst du keine Vokabeln." Ein Wörterbuch wird bei den meisten wohl trotzdem auf der Packliste stehen, russisch spricht nämlich nur einer der Markt Schwabener Mittelschüler - Andreji, der Jüngste im Bunde. "Wenn gar nichts mehr weiterhilft", sagt der Fünftklässler, "dann mache ich eben den Dolmetscher."

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SZ vom 06.03.2014
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