Süddeutsche Zeitung

Reden wir über:Datenschutz im Unterricht

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Martin Kern freut sich über einen Preis für das Landschulheim Elkofen

Interview von Johanna Feckl

Das Internet vergisst nichts. Inwiefern an diesem Satz etwas Wahres dran ist, hat die siebte Klasse des Landschulheims Elkofen bei Grafing für Kinder und Jugendliche mit erhöhten Förderbedarf untersucht. Mit dem Ergebnis haben die Siebtklässler nun den zweiten Preis bei dem Wettbewerb "Me and my data. Ich schütze meine Daten - und Du?" abgeräumt. Der Wettbewerb, ausgerichtet vom Zentrum Digitalisierung Bayern, richtete sich an Schülerinnen und Schüler aus siebten bis zehnten Klassen. In Elkofen haben die IT-Lehrer Martin Kern und Jan Grießbach mit elf Schülern in sechs Unterrichtsstunden dazu ein Poster-Projekt entworfen. Im Gespräch mit der SZ erzählt der 35-jährige Kern , was es damit auf sich hat.

SZ: Herr Kern, das Poster-Projekt der siebten Klasse lautet "Cookies und Tracker". Klingt lecker! Eine neue Eissorte?

Martin Kern: Also in unserer Einführungsstunde hatten wir auch tatsächlich Cookies, also Kekse, dabei (lacht).

Aber mal im Ernst: Was sind Cookies und Tracker in der digitalen Welt?

Ein Cookie merkt sich, welche Seiten man im Internet besucht hat. Positiv daran ist, dass dieselbe Seite beim nächsten Besuch mit allen Voreinstellungen schneller angezeigt wird. Negativ ist - und um ein Bewusstsein dafür drehte sich der Wettbewerb -, dass anhand dieser gespeicherten Daten Benutzerprofile erstellt werden.

Und was hat es mit den Trackern auf sich?

Die Tracker verfolgen über mehrere Seiten hinweg das eigene Surfverhalten anhand gespeicherter Daten einzelner Seiten, also anhand von Cookies. So entsteht dann ein sehr genaues Benutzerprofil, je mehr Tracker und Cookies sich auf dem Computer gesammelt haben, desto genauer wird es.

Was passiert mit den Benutzerprofilen?

Dadurch kann zum Beispiel personalisierte Werbung geschaltet werden. Viele kennen das wahrscheinlich von Facebook, das haben wir mit unseren Schülern auch besprochen: Man surft im Internet, und auf einmal wird einem auf Facebook Werbung für genau die Produkte derjenigen Webseiten angezeigt, die man zuletzt besucht hat.

Wie genau haben Sie mit der Klasse an dem Thema gearbeitet?

Zunächst haben die Schüler Definitionen ausgearbeitet. Wir haben auch auf Webseiten nachgeschaut, wie viele Tracker im Hintergrund aktiv sind. Online-Nachrichtendienste haben meistens viele Tracker, weil dort viel Werbung zu sehen ist. Dann haben wir überlegt, was man tun kann, damit einem nicht mehr so viele Tracker folgen.

Gab es keine skeptischen Stimmen nach dem Motto: Sollen sie doch meine Daten sammeln, ich habe ja nichts zu verbergen!

Mein Eindruck war, dass da schon ein gewisses Bewusstsein vorhanden ist, niemandem war das völlig wurscht. Wir haben versucht, das anhand von Beispielen deutlich zu machen: Facebook etwa, wie finanziert sich ein solcher Onlinedienst, dessen Nutzung nichts kostet? Da haben wir gezeigt, dass die Werbung, die aufgrund der erstellten Benutzerprofile gezielt geschaltet wird, sehr hohe Gewinne erzielt. Ein zweites Problem: Wenn all diese Daten in falsche Hände fallen, können Meinungen manipuliert werden - Stichwort: Fake News.

Auf welche Strategien sind Sie mit Ihren Schülern gekommen, damit solche Benutzerprofile nicht erstellt werden können?

Zwei Ideen kamen von den Schülern. Zum einen kann man einstellen, dass keine Cookies auf dem Computer abgelegt werden. Da haben wir Lehrer dann ein wenig Hilfestellung gegeben, wie man so etwas macht.

Und die zweite Idee?

Die gespeicherten Cookies kann man regelmäßig löschen und damit auch deren Verbindung zu den Trackern. Im Grunde macht man also genau das, was wir am Ende der ersten Unterrichtssequenz, zu der wir "echte" Cookies mitgebracht haben, auch gemacht haben - zumindest im übertragenen Sinne: Die Cookies aufessen.

Was gab es eigentlich als Preis?

Jeder Schüler hat ein Calliope bekommen. Das ist ein Gerät, das man wie einen Computer programmieren kann. Wie das funktioniert, haben sie in einem Workshop gelernt. Eine Gruppe hat ihre Calliope zum Beispiel so programmiert, dass auf dem Display das Wort "Hilfe" erscheint und es Warnsignale gibt, sobald man es schüttelt. Das hat mich fasziniert, wie leicht die Schüler dazu einen Zugang gefunden haben!

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Quelle:
SZ vom 17.05.2019
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