Süddeutsche Zeitung

Rathaus Anzing:Kosten falsch berechnet

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Der Umbau des Anzinger Rathauses kommt die Gemeinde wesentlich teurer als geplant - wegen falscher Schätzungen. Der ärgerlichste Punkt ist die Heizung.

Lena Grundhuber

Bevor es an die harten Zahlen ging, nahm man das gute Stück in Augenschein: Vor seiner jüngsten Sitzung besichtigte der Anzinger Gemeinderat das neue, alte Rathaus, dessen Sanierung inzwischen sichtlich vorangeschritten ist.

Der neue Anbau mit heller Holzverkleidung im Inneren gefiel, doch als man der Brandschutzplatten im Dachgeschoss ansichtig wurde, grummelten dann doch einige. Schließlich sind nicht zuletzt die Brandschutzmaßnahmen daran schuld, dass die Sanierung teurer kommt als angenommen. Momentan bewegen sich die Kosten auf dem Stand von 3,3 Millionen, geschätzt wurde das ganze Projekt einst auf 2,9 Millionen Euro. Mehr als die Hälfte der Mehrkosten, so referierte Bürgermeister Franz Finauer (UBA) in der anschließenden Sitzung, resultieren aus Maßnahmen für Brandschutz und Statik.

Wie die Schätzung derart daneben liegen konnte, das will die Gemeinde nach den Worten von Verwaltungsmitarbeiter Johannes Finauer noch klären: "Statiker und Brandschutzexperte müssen nochmal geradestehen und erklären, wie das kam." Die restliche Summe setzt sich aus Einzelposten zusammen - so hat man in der Rechnung offenbar Teile der Möblierung vergessen, außerdem ist der Stahlpreis laut Finauer gestiegen.

Der ärgerlichste Kostenpunkt allerdings ist die Heizung. Ursprünglich sollte eine Grundwasserwärmepumpe für die Wärme - oder bei Bedarf für Kühlung - im Rathaus sorgen. Eine Pumpe also, die Wasser fördert, das dann in gewissem Abstand auch versickert. Mit "sehr hoher Wahrscheinlichkeit" habe der Projektand der Gemeinde zugesichert, sei so eine Pumpe am Rathaus realisierbar, berichtet Finauer junior, der sich schon seit Wochen mit dem Problem herumschlägt. Daraufhin habe man die ganze Planung auf das System eingestellt.

Erst eine Probebohrung auf dem Gelände brachte die Ernüchterung: Zu wenig Wasser konnte gefördert werden - und das, was zutage kam, versickerte zu langsam. "An sich gibt es viele geeignete Orte für eine Grundwasserpumpe in Anzing", resümiert Finauer, "nur eben am Rathaus nicht". Daraufhin versuchte man es auf gemeindeeigenem Grund in der Nachbarschaft, etwa in der Högerstraße 1. Doch dort, so erwies sich, existiert ein Altlasten-Problem. Nach diversen Bohrungen war klar: Eine Grundwasserwärmepumpe für Anzing wird es nicht geben.

In Gemeinderat und -verwaltung ist man wenig erfreut. "Die Untersuchungsbohrungen für die Pumpe hätten früher gemacht werden müssen", sagt Johannes Finauer. An welcher Stelle der Fehler liege sei noch unklar, man erörtere das nun sachlich mit jedem einzelnen der betreffenden Fachingenieure. Als einzige probate Alternative ist hat sich der Gemeinderat nun auf eine Luftwärmepumpe geeignet.

Denn einfach auf Öl und Gas umzusteigen, sei schon aus finanziellen Gründen unmöglich, erklärt wiederum sein Sohn Johannes: Die energetische Sanierung werde mit Mitteln aus dem Konjunkturpaket II bezuschusst; steige man nun auf eine konventionelle Heizung um, werde ein Teil des Zuschusses gestrichen; außerdem funktioniere die Kühlung nicht. Also müsse eine Lösung her, die "energetisch okay" ist, wie der Rathaus-Beauftragte es ausdrückt. Und da bleibe nur die Luftwärmepumpe, obwohl die mit 98000 Euro etwa 50 Prozent teurer sei als die Grundwasserwärmepumpe, und noch dazu mehr Strom verbrauche. Die Möglichkeit einer Versorgung aus der Hackschnitzelanlage habe man geprüft, aber verworfen. Zu teuer - außerdem könne man die Räume damit nicht zugleich kühlen, wie es die Pumpen tun.

So bleibt eine Lösung, die niemandem so recht gefallen mag - und Ärger auf Seiten der Gemeinde: "Keiner kann was dafür, dass wir nicht genügend Wasser haben, aber es wäre besser gewesen, wir hätten es früher gewusst", fasst Johannes Finauer die unerfreuliche Situation zusammen. Auch im Gemeinderat wurde Unmut über die Planung laut sowie die Frage nach Konsequenzen gestellt. "Jeder andere könnte sich das auch nicht leisten", hieß es aus den Reihen der CSU. Reinhard Oellerer von den Grünen übt sogar Selbstkritik: "Die Verantwortung des Gemeinderats war, die Auskünfte nicht hinterfragt zu haben - aber es ist mir auch entgangen".

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Quelle:
SZ vom 20.07.2010
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