Süddeutsche Zeitung

Nominierungskonferenz in Markt Schwaben:Volles Vertrauen

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Die SPD nominiert Ewald Schurer mit 97,8 Prozent zum Kandidaten für die Bundestagswahl

Carolin Fries

- Schurer - dieser Namen fällt an diesem Abend kaum. Hier, unter seinesgleichen, ist der Ebersberger Bundestagsabgeordnete einfach nur "Ewald". Elf Jahre ist der Ebersberger schon Bundestagsabgeordneter der SPD. Um die Interessen des Wahlkreises Ebersberg-Erding auch die kommenden vier Jahre in Berlin vertreten zu können, hat der 58-Jährige die rund 1000 Genossen im Wahlkreis im Vorfeld der Nominierungskonferenz schriftlich um ihr Vertrauen gebeten. Heute nun sollen die Delegierten im "Wirtshaus am See" den richtigen Namen auf den Stimmzettel schreiben. "Ewald reicht."

Andere Bewerber als den SPD-Bezirksvorsitzenden und stellvertretenden Landesvorsitzenden gibt es nicht. Und dennoch - Ewald ist nervös. "Haushaltsreden im Ausschuss, das bin ich gewöhnt. Aber eine Nominierung, das ist was anderes." Er legt sein Sakko ab, lehnt sich kurz zurück. Frisur und Krawatte sitzen perfekt. Zwei Stunden wird es noch dauern, bis er sich wieder entspannen wird. Bis ihm die Genossen gratulieren und auf die Schulter klopfen werden. Jetzt fachsimpeln sie bei Schweinelendchen und Salat über Steinbrücks erstes Duell mit der Kanzlerin, "grandios". 24 der 27 Ortsverbände aus dem Wahlkreis sind vertreten, aus Ebersberg fehlen lediglich die Genossen aus Egmating. Von den 53 stimmberechtigten Delegierten sind 47 anwesend, der Saal ist rappelvoll. "Das war der Brief, die persönliche Ansprache", ist Schurer überzeugt. Während sich die Wahlkommission formiert, greift er zum Manuskript. Auf der Rückseite eines Kalenderblattes hat er stichpunktartig und kreisförmig Notizen angeordnet und verschiedenfarbig markiert. Den ratlosen Blicken der Tischnachbarn entgegnet er: "Das hab' ich aus meiner Studienzeit - Gedanken-Mapping entgegen dem Uhrzeigersinn." Was die Genossen dazu sagen? "Hauptsache, du kennst dich aus."

Das tut er. Schurer zieht das Sakko über, und legt die Armbanduhr aufs Rednerpult, "Selbstcontrolling". Eine halbe Stunde, los geht's. Zuerst mit den sozialdemokratischen Grundwerten, "die von höchster Aktualität sind", dann aber wird der Diplombetriebswirt konkret. Für mehr Kitas und Ganztagsschulen in der Wachstumsregion München wolle er sich einsetzen und dafür, dass die Kommunen wieder verstärkt in den sozialen Wohnungsbau investieren. "Es gibt viele Menschen, das teure Leben im Münchner Umland zu finanzieren." In die Kommunalpolitik werde er sich nicht einmischen, "nur wenn der Bund die Schnittstelle ist". So zum Beispiel für eine Kirchseeoner Ortsumgehung. Wobei er einräumt: "Ortsumgehungen müssen wir auf das Mindestmaß reduzieren und stattdessen auf den Ausbau des öffentlichen Personennahverkehrs setzen." Eine zweite Stammstrecke hält er für "dringend notwendig".

Nach dem historischen Tief 2009 mit nur 16,8 Prozent der Stimmen in Bayern, kämpfe er diesmal um deutlich mehr Stimmen, sagt er. Auf Schurer entfielen damals 19,7 Prozent der abgegebenen Stimmen. Eine Zielmarke für 2013 lässt er offen. Doch sieht er mit Christian Ude gute Chancen für die SPD in Bayern, "nach 55 Jahren einen Machtwechsel hinzukriegen". Für gleichermaßen aussichtsreich hält er den Kanzlerkandidaten Peer Steinbrück. Doch warnte er die Genossen vor einem harten Wahlkampf: "Immer, wenn es eng wird, schlägt die CSU brutal zu. Auch unter die Gürtellinie." Der Vorsitzende der Erdinger Kreistagsfraktion, Horst Schmidt, wird den Bundeswahlkreisvorstand zusammen mit den Kreisvorsitzenden Michaela Meister (Erding) und Thomas Vogt (Ebersberg) leiten. Schurer verspricht ihnen an diesem Abend: "Alles was ich kann, werde ich tun." Langer, tosender Applaus.

Schurer zieht das Sakko aus, wischt sich mit der Hand den Schweiß von der Stirn. Warten. "Hundert Prozent gibt's nie", meinen die Damen am Tisch. Für Ewald sind es diesmal 97,8 Prozent. 45 Ja-Stimmen und eine Nein-Stimme.

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Quelle:
SZ vom 22.10.2012
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