Süddeutsche Zeitung

Mäßiges Interesse:Windkraft im Detail

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Nur einhundert Interessierte informieren sich in Oberpframmern über die landkreisweite Ausweisung von Konzentrationsflächen. Dabei werden erstmals auch die Schwachstellen der Planung angesprochen.

Carolin Fries

"Das Konzept mag seine Schwächen haben", räumte Glonns Bürgermeister Martin Esterl irgendwann ein. Und dennoch nannte er die landkreisweite Planung von Konzentrationsflächen für Windkraftanlagen "alternativlos". Ebersbergs Klimaschutzmanager Hans Gröbmayr formulierte die Notwendigkeit der interkommunalen Zusammenarbeit in Sachen Windkraft so: "Den Tag, an dem die Messergebnisse aus dem Forst vorliegen und der Landkreis keine Planung hat, möchte kein Bürgermeister erleben." Und dennoch fragte sich am Mittwochabend in der Mehrzweckhalle in Oberpframmern eine ältere Dame nach der zweistündigen Informationsveranstaltung der Landkreisgemeinden zu der jüngst erfolgten Feinplanung: "Brauchen wir die Windräder denn wirklich?" Kurz zuvor hatte Esterl ihre Frage indirekt bereits beantwortet: "Wenn wir die Energiewende schaffen wollen, werden wir um das eine oder andere Windrad nicht drumrumkommen."

Also: Wollen die Bürger? Die Ausweisung von Konzentrationsflächen für Windkraftanlagen jedenfalls scheint inzwischen mehrheitlich akzeptiert. Denn während zu den ersten Informationsveranstaltungen noch mehrere hundert Interessierte kamen, waren es in Oberpframmern nur rund hundert - und das, obwohl die Gemeinde neben Zorneding am stärksten von den ausgewiesenen Flächen betroffen wäre.

Insgesamt hat der von den 21 Landkreisgemeinden beauftragte Landschaftsarchitekt Hans Brugger etwa 9000 Hektar Potenzialfläche für den Landkreis errechnet. Ohne einer Ausweisung von Konzentrationsflächen könnten überall dort Windkraftanlagen errichtet werden, vorausgesetzt, alle immissionsschutzrechtlichen Vorgaben werden eingehalten. Brugger zeigte eine Karte, die nahezu in allen Gemeinden eingefärbte potenzielle Flächen zeigte. "Das wollen wir verhindern", meinte Brugger, der in diesem Zusammenhang auch von einer "Verspargelung" sprach. Die von ihm erarbeitete Konzentrationsflächenplanung, die in den kommenden Monaten von allen Stadt- und Gemeinderäten beschlossen werden soll, umfasst nur noch ein Viertel der möglichen Fläche. Windräder könnten dann nurmehr in einigen Gemeinden errichtet werden, überwiegend im Südwesten des Landkreises. Vorausgesetzt, die Planung ist "juristisch wasserfest", wie ein Rechtsanwalt wissen wollte. "Davon gehen wir aus", sagte Brugger. Doch räumte er ein, dass die Planung "durchaus gewisse Risiken" berge. "Trotzdem probieren wir es."

Er sprach damit die für den Landkreis vorgesehenen Abstandsfläche von Windrädern zur Bebauung an, die in Allgemeinen Wohngebieten wie auch in Mischgebieten ohne eine Differenzierung bei 800 Metern liegen soll. Und gäbe es nicht bereits ein Urteil des bayerischen Verwaltungsgerichts, dass der Außenbereich anders gewerten werden muss, dann hätten die Kommunen wohl auch für den Außenbereich diesen Abstand festgelegt. So sind es dort nur 600 Meter zur Wohnbebauung, was Maria Riedl aus Lindach in Egmating beklagte: "Ich fühle mich nicht gleich behandelt", kritisierte sie die Unterschiede bei den Abständen. Gröbmayr konterte: "Wir sind nach meiner Sicht ans äußerte gegangen. Gerade in Egmating ist es gelungen, so viele Flächen wie möglich frei zu halten."

Neben den Abständen wurde auch die Wirtschaftlichkeit von Windkraftanlagen im Landkreis diskutiert. Catrin Dietl, Vorsitzende des Vereins Landschaftsschutz Ebersberger Land, wollte wissen, ob denn die Windhöffigkeit - also die mögliche Ausbeute - mit in die Planungen eingeflossen sei. Brugger berichtete von einem Windgutachten, welches die Kommunen beauftragt haben. "Die Ergebnisse lassen einen Ausschluss von Flächen aus Gründen der Unwirtschaftlichkeit nicht zu." Hans Gröbmayr betonte, das Windgutachten habe man bislang nicht der Öffentlichkeit präsentiert - weil man verhindern will, dass mögliche Investoren Verhandlungen mit den Grundstückseigentümern aufnehmen. "Wir wollen das selber machen", so Gröbmayr, der von Genossenschaftsmodellen sprach. "Wir wollen Bürgerwindräder und keine Investorenwindräder." Martin Esterl sagte, seine "ganze Hoffnung für Glonn" ruhe auf einer Fläche zwischen Glonn, Oberpframmern und Moosach. "Ein idealer Platz, an dem sich alle drei Gemeinden in einer Genossenschaft zusammentun" sollten.

Wo letztlich wirklich Windräder stehen werden und wie viele es im Landkreis insgesamt sein werden - das konnte am Mittwoch niemand sagen. Esterl sprach von Detailfragen, "auf die heute noch keiner eine Antwort weiß". Möglicherweise müsse die Planung auch im Laufe der Jahre immer wieder angepasst werden. "Alle zwei bis drei Jahre" soll das laut Gröbmayr passieren.

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Quelle:
SZ vom 17.05.2013
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