Süddeutsche Zeitung

Europäischer Gerichtshof:Hickhack um Hackschnitzel

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Vor zehn Jahren hat Martin Lechner gegen die ungleiche Besteuerung von Brennstoffen geklagt. Er zog bis vor den Europäischen Gerichtshof, der nun ein Urteil gefällt hat.

Von Sina-Maria Schweikle, Grafing

Sind Holzschnitzel ausschließlich zur Verwendung als Brennmaterial bestimmt oder nicht? Es ist eine Frage, die sich von Grafing aus vor den Europäischen Gerichtshof zog. Angestoßen wurde die Diskussion von Martin Lechner. Er ist Geschäftsführer der in Grafing ansässigen Ecolohe GmbH. 2005 hat er die Firma gegründet, die im Hackschnitzel-Geschäft tätig ist.

Im Jahr 2008 betrieb Lechner seine Firma noch in Erding und versteuerte sein Hackschnitzel für sieben Prozent, dem ermäßigten Umsatzsteuersatz. Nach seinem Umzug in den Landkreis Bad Aibling kam dann der Schock: knapp 650 000 Euro Steuern sollte der Geschäftsmann für die vergangenen vier Jahre nachzahlen. Grund dafür war eine andere Kategorisierung im Rahmen der Umsatzsteuer-Prüfung, die durch das Finanzheim Rosenheim durchgeführt wurde. Anstatt des ermäßigten Steuersatzes sollten nun die vollen 19 Prozent zur Anwendung kommen. Eine Teuerung um ganze zwölf Prozentpunkte.

"Es ist ungerecht, dass man für Brennstoffe unterschiedliche Besteuerungssätze ansetzt"

Lechner klagte und bekam vor dem Finanzgericht München recht. Die unterlegene Finanzbehörde ging in Revision und bekam Zuspruch vom Bundesfinanzhof - die unterschiedliche Kategorisierung der Hackschnitzel sei berechtigt. In seiner Entscheidung argumentierte die Behörde, dass diese nicht ausschließlich zur Verbrennung zum Einsatz kommt würden, sondern auch anderweitig eingesetzt werden könnten. Deshalb sei die Anwendung des normalen Umsatzsteuersatzes nachvollziehbar. Eine Entscheidung, die Martin Lechner nicht hinnehmen wollte, und so landete der Fall beim Europäischen Gerichtshof (EuGh).

"Es ist ungerecht, dass man für Brennstoffe unterschiedliche Besteuerungssätze ansetzt", sagt Martin Lechner. Das Problem ist, so sagt er, dass sich die Finanzämter in ihrer Verwaltung verselbstständigt haben und es keine allgemeine Richtungsweisung gibt. Doch mit der Entscheidung des EuGh stehen die Dinge nun anders. In seiner Stellungnahme verwies es darauf, dass Gleiches nicht unterschiedlich besteuert werden kann und verwies den Fall zurück an den Bundesfinanzhof. Dieser musste nun seine Meinung revidieren und schließlich Martin Lechner recht geben.

Es ist eine Diskussion, die mehrere Ebenen betrifft. Zum einen gehe es um die steuerliche Ungleichbehandlung zwischen Holzhackschnitzeln und vergleichbaren Holzbrennstoffen, wie beispielsweise Pellets. Auf der anderen Seite ist für Lechner nicht nachvollziehbar, dass man Energieträger wie Atomkraft und Gas als umweltfreundlich einstuft, den nachwachsenden Rohstoff Holz jedoch nicht.

Ein Urteil, das für die ganze Hackschnitzel-Branche wichtig ist

Letztlich, so sagt es der Grafinger, sei die Teuerung durch den höheren Umsatzsteuersatz zwar in der Regel für Unternehmen wegen des Vorsteuerabzuges nicht von Bedeutung. Doch die Abnehmer seiner Hackschnitzel seien vor allem Kommunen, Privatleute und gemeinnützige Einrichtungen - und die seien eben nicht vorsteuerabzugsfähig.

Eine Ungleichbehandlung, die auch den Endverbraucher trifft, sagt Lechner deshalb. Immerhin müssten diese die höhere Besteuerung voll tragen. "Wir sprechen von einer Teuerung von zwölf Prozent - das ist nicht wenig." Deshalb ist das Gerichtsurteil für ihn eines, das für die ganze Hackschnitzel-Branche wichtig ist. Denn für diese sei damit ein großer Wettbewerbsnachteil endlich beseitigt worden.

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