Süddeutsche Zeitung

Landesbund für Vogelschutz:Ebersberger Störche verbringen Weihnachten daheim

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Warum immer mehr der großen Vögel im Landkreis überwintern, statt in den Süden zu ziehen.

Von Serafina Rumm, Ebersberg

In den Süden zu ziehen, Winter und Kälte hinter sich zu lassen, diese Sehnsucht haben viele. Doch diejenigen, die eigentlich die Möglichkeit hätten, in wärmeren Gefilden zu überwintern, entscheiden sich immer häufiger, selbst in der kalten Jahreszeit im Landkreis Ebersberg zu bleiben: die Störche. Auch in diesem Winter hat Richard Straub, Kreisvorsitzender des Landesbunds für Vogelschutz (LBV), festgestellt, dass es wieder einige "Überwinterer" gibt.

Gesichtet wurden sie im Westen Markt Schwabens, am Burgerfeld, und rund um den Wildpark Poing, wie Richard Straub berichtet: Im Norden des Landkreises lebten in etwa fünf bis sechs Störche. Auch in Grafing sei vor einiger Zeit ein einzelner Storch unterwegs gewesen, der könnte aber auch einfach von Poing herüber geflogen sein, sagt Straub. Der winterliche Vogelzug gen Süden sei durchaus ein sehr interessanter Anblick, ein "Naturerlebnis von besonderer Art" - wenn man so möchte - das in diesen Wintern aber leider nur noch sehr selten zu beobachten sei, wie Experte Straub erzählt.

Woran das liegt, erklärt der Landesbund für Vogelschutz in einer aktuellen Pressemitteilung. Der Verband meldet für Bayern dieses Jahr insgesamt 300 überwinternde Weißstörche. Als Grund für die hohe Anzahl gibt er die früheren Wiederansiedelungsprojekte der Schweiz, dem Elsass und Baden-Württemberg an: Viele der Weißstörche, die den Winter hierzulande verbringen, blieben nicht nur in den ursprünglich geplanten Ansiedelungsgebieten, sondern wanderten zum Teil auch in den Freistaat, wo sie sich über den Winter hinaus ansiedelten. Bildeten sich dann Paare zwischen diesen "Projektstörchen" und den hier heimischen Wildstörchen, gaben sie ihr "Überwinterungsverhalten" wohl an den Partner weiter. So kam es, dass immer mehr Vögel über den Winter in Deutschland blieben - entgegen ihrer eigentlichen Zugprägung.

Auch Straub hat eine Erklärung für das Phänomen: In Bayern seien die Vögel vor allem zwischen 1980 und 1985 am Aussterben gewesen, weshalb es hier ebenfalls Zuchtprojekte gab. Mit verschiedenen Maßnahmen habe man versucht, den Störchen ihr Zugverhalten abzugewöhnen. "Hindert man die Tiere zweimal, bleiben sie den dritten Winter da", gibt der Vogelschützer zu bedenken. Mittlerweile gebe es etliche Kreuzungen zwischen verschiedenen Storcharten: "Da ist gentechnisch viel schief gelaufen."

Zu fressen finden die Störche hier in Bayern laut LBV auf jeden Fall genug: Neben Mäusen und Fischen bedienen sich die Tiere auf Müllkippen und Kompostanlagen. Gegen Schnee und Kälte seien sie darüber hinaus durch ihre "dicke Daunenjacke" gut geschützt. Der besorgte Winterspaziergänger kann die Störche im Ebersberger Landkreis also, selbst während den kühleren Tagen, beruhigt aus der Ferne beobachten.

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Quelle:
SZ vom 14.12.2020
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