Süddeutsche Zeitung

Ausstellung in Ebersberg:Wenn der Apfel weg will vom Stamm

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Die Künstler Fritz und Rolf Urschbach, Vater und Sohn, hatten mehr gemein, als ihnen lieb war. Das zeigt nun eine Ausstellung im Therapiehaus Ebersberg.

Von Franziska Langhammer, Ebersberg

Väter und Söhne haben es nicht immer leicht miteinander. Dass das Verhältnis ein angespanntes sein kann, verdeutlicht eine Anekdote, die Susanne und Axel Urschbach erzählen. Sie sind die Kinder von Rolf Urschbach, ihr Großvater war Fritz Urschbach. Die beiden Künstler, Vater und Sohn, standen in einem derartigen Konkurrenzverhältnis zueinander, dass der Vater Fritz manchmal hinging und seinem Sohn Rolf kurzerhand in sein in der Entstehung befindliches Bild hineinmalte.

Alex und Susanne Urschbach können heute darüber lachen; in einem angenehmen Abstand zu Vater und Großvater erzählen sie von deren Werdegang, von ihren Allüren, ihren bewegten Leben. Die beiden hatten mehr gemein, als ihnen vielleicht lieb war: Beide haben nach einem Weltkrieg zu malen begonnen, der eine nach dem Ersten, der andere nach dem Zweiten, beide führten kurze erste Ehen, beide setzten sich in ihrem Werk zuerst mit dem Figürlichen auseinander, bevor sie sich dem Abstrakten zuwandten.

Bis zu 400 Bilder sollen im Bombenhagel vernichtet worden sein

Fritz Urschbach, der von 1880 bis 1969 lebte, hat, wie sein Enkel Axel es ausdrückt, viel Pech gehabt in seinem Künstlerdasein. Ausgebildet zum Kaufmann, wechselte er nach einigen Berufsjahren an die Akademie der Bildenden Künste nach München und wurde später Meisterschüler von Heinrich von Zügel, einem der bekanntesten Impressionisten und Tiermaler seiner Zeit. Während des NS-Regimes wurde die Kunst von Fritz Urschbach jedoch als "entartet" verfemt, einige Bilder wurden aus Museen entfernt und sind bis heute nicht mehr aufgetaucht. Im Bombenhagel des Zweiten Weltkriegs wurde auch sein Atelier in Schwabing getroffen, bis zu 400 Arbeiten von ihm sollen dabei vernichtet worden sein.

Zehn Jahre lebte Fritz Urschbach mit seiner zweiten Frau dann bei den Lohers in Anzing, einer weiteren Künstlerfamilie, die zur so genannten "verlorenen Generation" zählt. Später, so erzählen es seine Enkel, habe Großvater Fritz nirgendwo mehr so richtig rein gepasst, raubeinig und unbeugsam, wie er war.

Anders als sein Vater hatte Rolf Urschbach, 1922 bis 2019, immer einen Brotberuf, mit dem er sich und seine Familie ernähren konnte. Auch er studierte an der Akademie der Bildenden Künste in München, bestritt Ausstellungen im Lenbachhaus oder im Haus der Kunst. Mal arbeitete er als Dekorateur, mal als Innenausstatter, mal entwarf er eine Modekollektion. Im Jahr 1954 übersiedelte er mit seiner Familie in die Pfalz - in die Heimat seines Vaters, der in München blieb.

Rolf hatte niemals eine Atelier, sondern malte immer, wo es gerade passte - im Arbeitszimmer, im Keller, im Garten. Vor allem diesem Umstand ist es wohl geschuldet, dass er seine Werke stets kleinformatig gehalten hat. "Unser Vater hat aus allem, was er zwischen die Finger bekommen hat, etwas hergestellt", erzählt Susanne Urschbach. Ihr Bruder Axel erinnert sich: Und lag da beim Abendessen ein Käse in Stanniolpapier, dauerte es nicht lange, und der Vater hatte aus dem Papier eine Ente gezaubert. Bis ins hohe Alter hinein malte Rolf Urschbach, der in diesem Jahr 100 geworden wäre; auch als er bereits schwer an Demenz erkrankt war, hielt ihn nichts davon ab, zu zeichnen.

Bereits zum zweiten Mal nun werden in einer Ebersberger Ausstellung Werke von Vater und Sohn gezeigt. Zu diesem Zweck haben sich die Kinder des Künstlers und Annette Voith vom Therapiehaus zusammen getan: Ihre Mütter waren beste Freundinnen, ein Leben lang. Nun, nach dem Tod von Rolfs Frau Bobbi, sollen Teile des Nachlasses der Künstler in einer familiären Schau einem größeren Publikum zugänglich gemacht werden: Die Sammlung reicht von riesigen, farbenfrohen Leinwandbildern aus dem Pinsel Fritz Urschbachs bis hin zu den abstrakten Landschaftsmalereien von Rolf Urschbach.

Ausstellung "Fritz und Rolf Urschbach" im Therapiehaus in der Lehrer-Schwab-Gasse 6 in Ebersberg, Vernissage an diesem Freitag, 18. November, um 18 Uhr. Weitere Besichtigungstermine sind Samstag, 19. November, und Sonntag, 20. November, sowie Samstag, 26. November, und Sonntag, 27. November, von jeweils 11 bis 18 Uhr.

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