Süddeutsche Zeitung

Konzept für Areal in Vaterstetten:Lange Liste an Bewerbern

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Vaterstetten beschließt einen Kriterienkatalog für Firmenansiedlung im neuen Gewerbegebiet Ost. Vor allem die erwarteten Steuereinnahmen spielen eine Rolle, aber auch soziale Aspekte sollen berücksichtigt werden

Von Wieland Bögel, Vaterstetten

In den kommenden zwei Jahren soll in der Großgemeinde ein neues Gewerbegebiet bezogen werden. Und im Gegensatz zu manchen früheren Ansiedlungen wird dieses nicht an der Peripherie oder den Ortschaften entstehen. Gegenüber des bislang einzigen Gewerbegebietes in der Kerngemeinde, jenem in der Baldhamer Straße, soll vom übernächsten Jahr an gebaut werden. Die Vergabe der Grundstücke will man anhand eines Kriterienkataloges entscheiden, den der Sonderausschuss des Gemeinderates nun verabschiedet hat.

Die Fläche zwischen Philipp-Maas-Weg und der Johann-Sebastian-Bach-Straße war bislang für eine Entwicklung tabu, wegen des benachbarten Umspannwerks. Dieses wird demnächst aber verlegt, so dass auf dem Grundstück das Gewerbegebiet "Vaterstetten Ost" entstehen kann. Dieses ersetzt ein anderes, welches ursprünglich zusammen mit dem Wohngebiet an der Dorfstraße gebaut werden sollte. Inzwischen hat man umgeplant, auf dem Grundstück will die Gemeinde Sozialwohnungen errichten, das Gewerbegebiet musste noch vor dem Bau umziehen.

Wer dort einmal einziehen darf erläuterte nun Wirtschaftsförderer Georg Kast im Ausschuss: "Es muss zu dem Gebiet passen und zum Ziel der Gemeinde, Steuern einzunehmen." Darum sind die zu erwartenden Gewerbesteuereinnahmen - gemessen in Euro pro Quadratmeter Fläche - auch ein wichtiger Faktor bei der Bewertung, ebenso die Arbeitsplätze, denn dies wirkt sich auf die Einkommensteuerbeteiligung aus.

Daneben sollen aber auch "weiche Faktoren" berücksichtigt werden, etwa ob eine Firma besonders innovativ ist, beziehungsweise ob mit deren Herzug eine Branche nach Vaterstetten kommt, die es noch nicht gibt. Auch wie ökologisch ein Betrieb wirtschaftet, ob und wie viele Ausbildungsplätze angeboten werden oder ob die Firma ihre Angestellten für die Freiwillige Feuerwehr freistellt, fließen in die Bewertung ein. Ebenso wie "negative Faktoren", also etwa welche Verkehrsbelastung mit dem Betrieb verbunden ist und welche Emissionen, wie Lärm oder Luftverschmutzung.

Außerdem wird es zwei verschiedene Matrizen geben, je nachdem, ob sich ein bereits in der Gemeinde ansässiger Betrieb um ein Grundstück bewirbt, etwa für eine Erweiterung, oder ob eine Firma neu einen Standort in Vaterstetten eröffnen will. Letztere bekommen nur dann den Zuschlag, wenn durch die Ansiedelung mehr als 50 Euro Gewerbesteuer pro Quadratmeter zu erwarten sei, so Kast. Bei bereits ansässigen Betrieben liegt der Mindestsatz bei 15 Euro pro Quadratmeter. Zudem sollen, ähnlich wie beim Einheimischenbauland, zusätzliche Punkte vergeben werden, je länger eine Firma schon in Vaterstetten ihren Standort hat.

Neben der Optimierung der Steuereinnahmen habe der Kriterienkatalog auch das Ziel, die Vergabe der Grundstücke gut begründen zu können. Denn diese sind laut Kast sehr nachgefragt, es gebe bereits jetzt etwa doppelt so viele Bewerber, wie auf dem Grundstück Platz hätten. Ein Vergabekatalog nach objektiven Kriterien und mit Punktesystem, könne dabei helfen zu begründen, warum die eine Firma den Zuschlag bekomme und die andere nicht: "Wir werden hinterher Rede und Antwort stehen müssen", erwartet der Wirtschaftsförderer.

Im Ausschuss gab es kaum Diskussionsbedarf, Klaus Willenberg (FDP) schien selbst ein bisschen verwundert: "Ich habe nichts zu kritisieren, sondern begrüße das ausdrücklich." Katrin Pumm (Grüne) regte an, bei den weichen Faktoren noch die Felder Inklusion und Integration aufzunehmen. Dies sei eine gute Idee, so Kast, speziell der Bereich Einstellung von Menschen mit Schwerbehinderung sollte unbedingt aufgenommen werden. Vielleicht könnte man es sogar weiter fassen, sagte Bürgermeister Leonhard Spitzauer (CSU) und ganz allgemein soziale Aspekte bepunkten. Ohne Gegenstimmen wurde der Kriterienkatalog beschlossen.

In einer der nächsten Sitzungen, laut Kast noch vor der Sommerpause, soll dann bekannt gegeben werden, wer die Kriterien erfüllt. Dann soll es auch darum gehen, welche Firma wo angesiedelt wird. Hier wolle man versuchen, Synergien zu finden, etwa bei der gemeinsamen Nutzung von Infrastruktur wie Zufahrten und Ladehöfen. Wenn die Grundstücke verkauft seien und geklärt sei, wer wo was bauen wolle, wird der Bebauungsplan erstellt, idealerweise sei dieser bis Ende 2022 fertig.

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SZ vom 03.05.2021
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