Süddeutsche Zeitung

Kaffeemanufaktur aus Ebersberg:Gutes tun und Gutes trinken

Lesezeit: 3 min

Unter dem Namen "die kleine Bohne" vertreiben Marcel und Amelie Wöhrle seit Kurzem hochwertigen Kaffee. Dabei arbeiten sie mit den Steinhöringer Werkstätten zusammen und achten auf fairen Handel

Von Serafina Rumm

Das junge Kaffeeunternehmen "die kleine Bohne" gibt es seit Juni 2020. Die Gründer Amelie und Marcel Wöhrle haben es "auf der Suche nach den besten Kaffeebohnen" ins Leben gerufen. Tatsächlich wissen die selbsternannten Kaffeefreaks "alles" über ihre Bohnen: Wo sie wachsen und auf welcher Plantage, aber auch wie das perfekte Röstverfahren funktioniert, um den besten Geschmack und das beste Kaffeearoma zu gewinnen.

Im Gespräch mit Marcel Wöhrle wird deutlich: Qualität und Hochwertigkeit ist den beiden bei ihren kleinen Bohnen sehr wichtig. Für ihren Kaffee beziehen sie Bohnen, die jeweils nur auf einer Farm - in Kolumbien oder Brasilien - geerntet werden, sogenannten "Single Estate Specialty Coffee". So lässt sich sicherstellen, dass man später in der Tüte einen Kaffee von besonders guter Qualität erhält und keinen Mix aus vielen unterschiedlichen Bohnen, wie Marcel Wöhrle erzählt. Im Q-Grader Cupping, einer Qualitätskontrolle für Spezialitätenkaffee mit einer Bewertung von 0 bis 100 Punkten, erhält der Kaffee von "die kleine Bohne" eine Bewertung von 83 und 84 Punkten.

Damit das Aroma besonders gut ist, verwendet das Unternehmen ausschließlich die Arabica Bohne, eine hochwertigere und komplexere Bohne im Vergleich zur Robusta Bohne. Die Bohnen beziehen die Wöhrles über den Kaffeehändler Rehm & Co aus Hamburg. Ein eigener Import lohne sich für das Unternehmen, das erst am Anfang seiner Karriere steht, bisher noch nicht. Aber schon heuer sind Direkt-Importe aus den Anbaugebieten geplant und von 2022 an will das Paar in seiner eigenen Rösterei in Produktion gehen.

Bisher werden die Bohnen, bei einer befreundeten Rösterei in München, auf einem Giesen 45 Trommelröster, geröstet. Das Röstverfahren funktioniert äußerst komplex: Kurz vor dem idealen "Röstpunkt", müssen die Bohnen sofort aus der Maschine genommen und durch Luft gekühlt werden, damit sie nicht zu lange rösten. Der Prozess ist später ausschlaggebend für den Geschmack des Kaffees, denn die Qualitätsbohne allein ist dafür nicht ausreichend, teilt der junge Unternehmer seine Expertise.

Verpackt und abgefüllt wird der Kaffee ausschließlich in den Ebersberger Werkstätten, die zum Einrichtungsverbund Steinhöring gehören. Händisch füllen die Beschäftigten dort die Bohnen in Papiertüten, die zuvor durch einen selbstgemachten Stempel mit dem Logo des jungen Unternehmens versehen werden. Das Logo hat Amelie Wöhrle bereits 2016 selbst entworfen und gezeichnet. Schon damals stand die Idee und das Grundkonzept von "die kleine Bohne", doch dann kam das erste Kind der jungen Familie und dann das zweite. 2020, im Homeoffice, war es schließlich endlich soweit: Das Konzept, das vier Jahre "halb fertig rumgelegen hat" nahm endlich Gestalt an und aus dem Traum wurde Realität.

Mittlerweile ist der Kaffee von Amelie und Marcel Wöhrle, nicht nur online auf ihrer Website, sondern in 20 Supermärkten, in und um den Landkreis Ebersberg vertreten. In der "Speisekammer" in Ebersberg, an der Bahnhofsstraße 2, gibt es ihn demnächst als To-Go Kaffee zu holen und bald schon soll im Glockenbachviertel in München ein Café eröffnen, wo der Kaffee ausgeschenkt wird.

Die Mission der beiden ist: "Nicht nur Kaffee rösten", sondern jede Tüte Kaffee soll einen positiven Beitrag leisten - für die Gesellschaft hier im Verbraucherland und im Anbauland. Das soll mit der Unterstützung von sozialen Projekten im In- und Ausland erreicht werden. So hat sich "die kleine Bohne" zur Weihnachtszeit dem Projekt "Fördern und Helfen" des Landratsamtes Ebersberg angeschlossen und spendet pro verkaufter Tüte Kaffee mit dem Hinweis auf die Spendenaktion "Frohe Weihnachten für alle" 2,50 Euro an die Aktion. Außerdem unterstützt das Unternehmen mit einem Importauftrag von 240 Kilogramm Kaffee ein Projekt der kongolesische Non-profit Organisation "Rebuild Women's Hope. Die Initiative setzt sich unter anderem mit dem Anbau von Single Estate Spezialitäten Kaffee für Frauenrechte im Kongo ein, indem die Frauen dort die Möglichkeit bekommen, selbst unternehmerisch aktiv zu werden.

Für die Zukunft hat sich "die kleine Bohne" außerdem vorgenommen, sobald die eigene Produktion startet, mit dem Modell der "Beschäftigtenüberlassung" weiterhin mit dem Einrichtungsverbund Steinhöring zu kooperieren - denn bisher hat das Start-Up noch nicht die nötigen Kapazitäten für Direktanstellungen. Für die eigene Rösterei ist ein Arbeitsmodell vorgesehen das Inklusion fördern soll: Die Beschäftigten aus dem Einrichtungsverbund, die weiterhin die nötige Betreuung durch Fachpersonal garantiert bekommen sollen, arbeiten mit Beschäftigten ohne Behinderung zusammen.

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Quelle:
SZ vom 04.01.2021
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