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Grafinger Haushalt:Gewerbesteuer steigt wieder

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Turnusgemäß berichtet die Grafinger Kämmerei dem Stadtrat über die aktuelle Finanzlage. Sie ist besser als gedacht, der langfristige Trend gibt allerdings Anlass zur Sorge

Von Thorsten Rienth, Grafing

Vom sprichwörtlichen blauen Auge hatte Grafings Bürgermeister Christian Bauer (CSU) gesprochen, als es bei der Haushaltsaufstellung fürs laufende Jahr um die Auswirkungen der Corona-Pandemie auf die Finanzen seiner Stadt gegangen war. Nun, ein Jahr später, ist klar: Das blaue Auge verheilt gut. "Die Lage könnte schlimmer sein", stellte der Bürgermeister erleichtert fest. Die Einnahmen ziehen schneller an als gedacht.

In gewohnter Manier haben Bauer und Kämmerin Veronika Kainz in der Finanzausschusssitzung am Dienstagabend den Stand der Dinge erläutert. So wie das immer ist, wenn die zweite von vier Einkommenssteuer-Raten des Jahres gebucht ist. Wobei die guten Nachrichten weniger die Einkommenssteuer betreffen, die, soweit das laut Kämmerei abzusehen ist, den Ansatz von 10,5 Millionen Euro erfüllen dürfte.

Allen voran aber erholen sich die Einnahmen aus der Gewerbesteuer von den Einbrüchen durch die Pandemie. Bei der Etataufstellung hatte Grafing mit 4,75 Millionen Euro für das Jahr 2021 gerechnet. Die aktuellen Erwartungen gehen aber darüber hinaus. "Wenn es keine großen Rückzahlungen mehr gibt, können die Einnahmen zum Ende des Haushaltsjahres bei 5,5 Millionen Euro liegen." Dahinter steckt eine weitere positive Nachricht: Die Gewerbesteuereinnahmen gelten als Vorboten für die Einkünfte aus der Einkommenssteuer. Je schneller sich die Gewerbesteuer erholt, desto geringer die Wahrscheinlichkeit für schlechte Nachrichten bei der Einkommenssteuerzuweisung.

Auch bei den anderen Steuereinnahmen - Grund- und Grunderwerbsteuern oder Schlüsselzuweisungen vom Freistaat - stimmt die Zwischenbilanz optimistisch. "Sehr wahrscheinlich" würden bis zum Jahresende alle Ansätze erreicht, hieß es aus der Kämmerei.

Beim Gebäudeunterhalt respektive Gebäudebewirtschaften, beide immer gut für sogenannte böse Überraschungen, deutet sich dergleichen nichts an. Im Bereich Unterhalt wurden bislang von geplanten knapp 430 000 Euro etwa 220 000 abgerufen. Allenfalls bei den Bewirtschaftungskosten - dort spielen steigende Energiepreise eine Rolle - könnte die Stadt zum Jahresende ein paar Zehntausend Euro über dem Ansatz liegen. Laut Kämmerei sind aktuell von geplanten rund 580 000 Euro etwa 415 000 Euro ausgegeben.

Überhaupt, so zeigt ein Blick in die Tabelle der Einnahmeentwicklung in den vergangenen 20 Jahren: Die Schwankungen zwischen den Jahren werden kleiner. Im Jahr 2002 waren die Einnahmen zum Beispiel um 28 Prozent gegenüber dem Vorjahr gefallen. Im Jahr 2012 um 25 Prozent gestiegen. Die dreiviertel Million Euro, die Grafing in diesem Jahr zusätzlich aus der Gewerbesteuer einnimmt, eröffnen allerdings keinen echten Spielraum. Denn aus anderer Ecke kommen alles andere als gute Nachrichten: Ursprünglich hatte die Stadt Einnahmen aus Grundstücksverkäufen im Gewerbegebiet von 1,5 Millionen Euro veranschlagt. Bislang sind davon erst 170 000 Euro eingegangen.

Am zum Jahresende erwarteten Schuldenstand von 13,2 Millionen Euro (2020: 12,2 Millionen Euro) ändert dies zunächst aber nichts, weil die Stadt gar nicht alle Vorhaben umsetzen können wird, die in diesem Jahr geplant sind. "Zum Beispiel sind Bauleistungen auf dem Markt gar nicht so einfach zu bekommen", erklärte Bürgermeister Bauer.

Langfristig rechnet die Kämmerei allerdings mit steigenden Schulden. "Aufgrund der hohen Investitionen, vor allem im Bereich der Kinderbetreuung und der Stadthalle, wird die Verschuldung der Stadt weiter ansteigen", schrieb sie in die Beschlussvorlage zur Sitzung. Und damit verschlechtert sich perspektivisch die Situation. "Umso mehr Kredite aufgenommen werden, umso höher müsste auch die Mindestzuführung an den Vermögenshaushalt sein. Allerdings ist das mit den Einnahmen im Verwaltungshaushalt auf kurz oder lang nicht mehr zu stemmen." Dementsprechend werde sich die freie Finanzspanne in den nächsten Jahren verringern.

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Quelle:
SZ vom 14.10.2021
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