Süddeutsche Zeitung

Grafing:Mal bei den anderen schauen

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Die "Lange Nacht der Kirchen" zeigt mit 40 Veranstaltungen Grafings religiöse Vielfalt

Von Franca Wittenbrink, Grafing

Den meisten Leuten sehe man ja nicht an, ob sie gläubig sind, sagt Hans Rombeck. "Überzeugt bin ich trotzdem: Bei unserem Programm wird das Publikum gemischt sein. Da ist für alle was dabei", egal ob nun gläubig oder nicht.

Am 13. Oktober findet bereits zum dritten Mal die Grafinger "Lange Nacht der Kirchen" statt. Die Veranstalter wollen dabei die Vielfalt der religiösen Ausdrucksformen im Ort zeigen und passend zum 500-jährigen Reformationsgedenken ein Zeichen der Gemeinschaft setzen. Den Besuchern werden zu diesem Zweck zwischen 18 und 24 Uhr die Türen sämtlicher Kirchen, Gemeindehäuser und Pfarrheime geöffnet, um dort den Aufführungen von Chören, Musikern, Künstlern und Autoren zu lauschen, Kunstwerke zu bestaunen, gemeinsam zu singen und zu beten. Die jeweils 45-minütigen Veranstaltungen beginnen dabei immer zur vollen Stunde, im Anschluss ist eine Viertelstunde Zeit für einen Veranstaltungswechsel. "Weil alles so gut zu Fuß erreichbar ist, hat das bisher immer hervorragend funktioniert", berichtet Pastorin Ruza Haluzan und schwärmt von der Atmosphäre während der letzten Kirchennacht: "Das war beeindruckend. Eine Dreiviertelstunde war es vollkommen ruhig im Ort, und dann, pünktlich zur Pause, ging die Völkerwanderung los. Wie ein kleiner Ameisenhaufen." Das Konzept der Fußläufigkeit wolle man beibehalten, sagt Organisator Hans Rombeck. Mit einer Ausnahme allerdings: Dank mehrerer Shuttle-Busse konnte der Kreis der katholischen Pfarrei, der evangelischen Kirchengemeinde und der Adventgemeinde Grafing in diesem Jahr um die etwas abseits liegende Neuapostolische Kirchengemeinde in Grafing-Bahnhof erweitert werden. Denn vor allem in der heutigen Zeit sei es wichtig, als Christen zusammenzukommen, findet Rombeck. Man habe so viel gemeinsam - und wisse trotzdem oft wenig über den Glauben der anderen christlichen Gemeinden. Die Neugierde der Menschen hingegen sei groß: "Die letzte lange Nacht der Kirchen hat uns gezeigt, dass es ein riesengroßes Interesse gibt, mal bei den Anderen zu schauen", so Rombeck. Aber auch Anders- und Nichtgläubige sollen miteinbezogen werden. So lädt unter anderem die Sängerin Hülya Kandemir, die sowohl von der westlichen Kultur als auch von ihrem muslimischen Glauben geprägt ist, in der Auferstehungskirche zu einer "Musikalischen Wanderung zwischen den Kulturen" ein. Im Evangelischen Gemeindehaus findet neben einem Gespräch zum Thema Asyl auch ein gemeinsames Singen von Flüchtlingen und Einheimischen statt und im Caritaszentrum laufen Kurzfilme zum Umgang mit Demenz. Die Architektin Julia Rombeck-Kalyvianaki zeigt in der Pfarrkirche St. Ägidius ihre Ausstellung "Sakrale Räume" und im Pfarrheim Katholische Kirche präsentieren die Grafinger Firmlinge ein Kunstprojekt.

Das umfangreiche Programm an den insgesamt zehn Veranstaltungsorten wird eingerahmt von einem gemeinsamen Auftaktgottesdienst um 18 Uhr in der Pfarrkirche St. Ägidius und einer Abschlussandacht um 24 Uhr in der Auferstehungskirche. "Dazwischen kann man leider nicht überall gleichzeitig sein", konstatiert Rombeck, aber das gehöre dazu: "Auch darum geht es nämlich: sich mal ganz bewusst für etwas zu entscheiden." Nun muss am 13. Oktober nur noch das Wetter mitspielen, aber in dieser Hinsicht sind die Veranstalter zuversichtlich: "Die Verbindung nach oben haben wir ja - und bei so vielen unterschiedlichen Kanälen wie an diesem Abend kann das ja nun wirklich nur gut gehen."

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Quelle:
SZ vom 04.10.2017
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