Süddeutsche Zeitung

Mitten in Ebersberg:Der Markus und sein Sternderl

Lesezeit: 1 min

Manche unliebsame Dinge tauchen immer wieder auf - wenn auch in zuckrigem Gewand.

Glosse von Franziska Langhammer, Ebersberg

In manchen Sachen ist Bayern ganz klar Vorreiter, so eben auch in Sachen Genderverbot. Mei, viele hats eh gnervt, dieses verkünstelte Schreiben mit Sonderzeichen, wo kein Depp sich gar niemals nicht auskennt. Zum Glück ist das jetzt untersagt, der Herrmann hat es verlauten lassen - weder Doppelpunkte noch Mediopunkt und schon gar nicht das verhasste Gendersternderl sind mehr zugelassen.

Aber wie das so ist mit so manchen unliebsamen Dingen, sie finden doch immer ihren Weg zurück.

Neulich, da schickt eine geschätzte Kollegin ein Foto von einer Backware, die sie soeben in einer Ebersberger Hasi-Filiale erworben hat. Sieht fein aus, das Ding, und ist garniert mit einer Zuckerschicht - in Form eines Gendersternderls. Man stutzt. Was soll das denn? Ein Akt der zuckrigen Rebellion? Eilig ist dem Hasi-Chef per E-Mail ein Dreizeiler geschrieben: Können wir künftig mit weiteren politisch garnierten Leckereien rechnen? Etwa dem Hashtag-Amerikaner, oder Kurznachrichten auf dem Krapfen?

Aber nein, meldet sich eine Sekretärin zurück und erklärt: Das Gendersternderl ist kein "Stern", sondern eine Blüte. Noch genauer: Das vermeintliche Gendersternderl ist das Logo der Landesgartenschau, die 2024 in Kirchheim ausgetragen wird. Und weil Hasi die Landesgartenschau unterstützt, hat der Bäckereikonzern einmal das Blütenbrot und einmal den Blütenkeks mit ins Sortiment genommen.

Die findige Journalist*in hat natürlich schnell das Logo der Gartenschau ergoogelt, und da schau her: Tatsächlich hat sich das Gendersternderl auch hier eingeschlichen. Es benötigt nur wenige Klicks, und schon hat man ein Pressefoto, wie Dienstherr Söder persönlich die Schirmherrschaft zu dem Event übernimmt. Im Hintergrund grinst ihm frech das Sternderl über die Schulter. Haben sich die beiden damals, im Mai 2023, vielleicht noch gut verstanden? Gab es damals hinter verschlossenen Türen unüberbrückbare Differenzen, von denen die Öffentlichkeit nichts mitbekommen hat?

Diese Frage können nur zwei beantworten. Aber der eine, der ist schwer zu erreichen, und das andere, das darf ja nix mehr sagen. Somit findet die Investigativrecherche an diesem Punkt ein jähes Ende. Stattdessen klaubt man schnell ein paar Euro zusammen, eilt zum nächsten Bäcker und ordert zuckrige Ware - egal, ob mit Sternderl oder nicht.

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