Süddeutsche Zeitung

Caritas Ebersberg:Kleine Kinder, große Sorgen

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In einer Beratungsstelle speziell für Eltern mit Neugeborenen und Kleinkindern geht es nicht nur um "Schreibabys" - sondern auch um alle anderen Themen.

Von Mathilde Wicht, Ebersberg

Babys und Kleinkinder sind manchmal eine größere Herausforderung, als man denkt: Manche schreien häufig und viel, andere schlafen schlecht ein, trinken und essen nicht so wie andere Kinder oder haben häufig Wutanfälle und sind dann kaum zu beruhigen. Wenn nichts mehr hilft, entsteht bei den Eltern oftmals große Erschöpfung und ein Gefühl der Hilflosigkeit.

Generell müssen Landkreise und Städte ein bestimmtes Angebot an Erziehungsberatung bereitstellen, so steht es im Kinder- und Jugendhilfegesetz. In Ebersberg hatte die Caritas diesen Auftrag bekommen, sie schuf 1995 eine Beratungsstelle für Eltern, Kinder und Jugendliche in Grafing. Vor zwölf Jahren dann, als es in Deutschland vermehrt zu Kindstötungen durch Schütteln kam, schlug der Landkreis der Caritas deshalb vor, eine Abteilung speziell für Eltern mit Neugeborenen und Kleinkindern von null bis drei Jahren zu eröffnen. Und so kam es: Im Jahr 2011 wurde die Beratungsstelle um eine "Schreibabyambulanz" erweitert.

Der Titel "Schreibabyambulanz" sei leider etwas irreführend, man helfe bei allen möglichen Themen rund ums Kleinkind

Dieser Titel allerdings sei aber leider aus zwei Gründen eigentlich gar nicht passend, erklärt Sozialpädagogin Angela Breder-Michael, die zusammen mit der Psychologin Nina Sulzbach für diese Abteilung zuständig ist. Erstens handle es sich hier nicht um eine echte Ambulanz, "denn wir sind nicht 24 Stunden und sieben Tage die Woche für Notfälle zu erreichen". Zum anderen seien sogenannte Schreibabys bei weitem nicht der einzige Fokus der Beratungsstelle. "Der Begriff kann Eltern abschrecken, die sich nicht sicher sind, ob ihr Baby ein Schreibaby ist oder nicht." Dabei sei jeder willkommen, denn die Institution sei eine allgemeine Erziehungsberatungsstelle für Eltern mit Kindern von null bis drei Jahre. Nicht nur Geschrei, auch Themen wie Schlaf, Essen und Trotz könnten Eltern verzweifeln lassen. "All das sind Probleme, die hier ernst genommen werden", sagt Breder-Michael.

Sie und Sulzbach sind speziell ausgebildete Fachkräfte, haben beide die etwa dreijährige Ausbildung für Integrative Eltern-, Säuglings- und Kleinkindberatung an der deutschen Akademie für Kindesentwicklung absolviert. Eine Fortbildung, die lange dauere und berufsbegleitend sehr anspruchsvoll sei - sich aber lohne, sagen sie.

Verschiedene Professionen arbeiten hier zusammen, denn Familien sollen mehrere Blickwinkel zur Auswahl haben

In der gesamten Beratungsstelle für Eltern, Kinder und Jugendliche arbeiten drei bis vier Sozialpädagogen, zwei Heilpädagogen und zwei Psychologen zusammen. "Diese Multiprofessionalität bei uns ist sehr wichtig, denn die Familien sollen mehrere Optionen und verschiedene Blickwinkel zur Auswahl haben", erklärt Sulzbach. Bei der Beratungsstelle geht es um alle Themen rund ums Kind von null bis 21 Jahre, um Kindergarten, Schule und Pubertät. "Innerhalb von 48 Stunden bekommt jeder garantiert einen Termin", verspricht Sulzbach. Die ersten Fragen lauteten: "Wie dringend ist es? Und um was geht es? Welche Probleme gibt es und was sind die Ziele?" Beim ersten Termin werde dann geschaut, "wie man am besten weitermacht".

Welche Art von Beratung stattfinde und in welchem Modus gearbeitet werde, sei immer sehr individuell auf die Familie zugeschnitten, so Sulzbach. "Meistens sind es Termine über mehre Wochen, oft wird auch mit Kinderärzten kooperiert." Die Kinder seien bei den Terminen meistens dabei, denn an ihrem Verhalten könne man schon viel ablesen. Auf die Beschränkungen der Pandemie übrigens hat das Team flexibel und pragmatisch reagiert: Die Termine wurden in Spaziergänge umgewandelt, so konnte an der frischen Luft beraten und geholfen werden.

Die gute Nachricht der Expertinnen an alle erschöpften Eltern: Oft seien es nur vorübergehende Phasen, in denen die Kinder steckten, und im Alter bis drei Jahre entwickelten sie sich sehr schnell. Trotzdem könne es nie schaden, konsequent zu bleiben und eine Routine zu etablieren, empfiehlt Breder-Michael.

Beratungsstelle für Eltern, Kinder und Jugendliche, Bahnhofstraße 1 in Grafing. Das Angebot ist kostenlos und vertraulich, Termine können unter (08092) 232 41 30 vereinbart werden.

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