Süddeutsche Zeitung

Ebersberg:Ein Umweg frisst wertvolle Zeit

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Wenn die 10-H-Regel angewendet wird, dauert es im Landkreis noch länger mit der Energiewende.

Kommentar von Johanna Feckl

Landrat Robert Niedergesäß war deutlich: Für ihn ist die 10-H-Regel gesetzt - schließlich habe sich der Kreistag darauf geeinigt und sie gelte als Grundlage für den Bürgerdialog. Freilich kann und soll sich der Landrat nicht über einen einst getroffenen Beschluss einfach hinwegsetzen. Aber es wäre möglich, die Thematik abermals im Gremium zu behandeln und neu zu bewerten. Und genau das wäre geboten.

Denn auch TU-Professor Sören Schöbel-Rutschmann war deutlich: Die Ausweisung einer Zone in einem Landschaftsschutzgebiet (LSG), in der Windkraftanlagen möglich wären, muss sich ausschließlich aus dem Zweck eines solchen LSG und dem Naturschutz ergeben. Abstandsregeln, wie die 10-H-Regel eine ist, fallen ausdrücklich nicht darunter. Hinzu kommt, dass 10-H bei der vorgelegten Zonierung nur noch drei Windräder möglich machen würde statt der im Bürgerentscheid festgelegten maximal fünf - statt 100 Prozent also 60.

Auch der Meilensteinplan des Kreistags aus dem Jahr 2017 spricht eindeutig gegen 10-H. Damals war sogar die Rede davon, dass bis 2030 im Landkreis 33 Windkraftanlagen möglich sein sollen - das wäre ungefähr notwendig, wenn der Landkreis bis dahin frei von fossilen und anderen endlichen Energieträgen für die Stromgewinnung sein möchte, wie der Kreistag 2006 beschloss. Nur: Wo sollen die denn alle hin, wenn nun nur noch drei im Forst realisierbar wären? Das Erreichen der gesetzten Ziele würde damit immer unrealistischer.

Es scheint, als ob der Landrat eine Konfrontation mit möglichen kritischen Stimmen umgehen möchte - und sich deshalb hinter dem vor beinahe zwei Jahren gefassten politischen Beschluss sicherer fühlt. Aber wie Schöbel-Rutschmann ganz richtig sagte, würde die 10-H-Regel bei ihrer Anwendung vom Verwaltungsgericht ziemlich sicher gekippt werden. Dann wäre der Landkreis auch wieder bei fünf möglichen Windrädern in der aktuell ausgewiesenen Zone im Forst. Der Unterschied: Der Umweg über das Gericht frisst Zeit. Wertvolle Zeit.

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SZ vom 13.10.2021
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