Süddeutsche Zeitung

Wildbräu und Schweiger Bräu:30 Cent Pfand für eine Bierflasche?

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In den beiden Brauereien im Landkreis Ebersberg wird eine mögliche Erhöhung des Pfands auf Bierkästen unterschiedlich bewertet.

Von Moritz Kasper, Grafing/Markt Schwaben

"Leergut ist nur voll gut: bitte bringt Euer Leergut zurück, wir füllen es auch wieder auf - versprochen!" Mit dieser etwas verzweifelten Logik bittet die Grafinger Brauerei Wildbräu seit einigen Tagen Kunden in den sozialen Netzwerken darum, ihre Flaschen und Tragerl zurückzubringen. Während Bräu Gregor Schlederer im vergangenen Jahr trotz des Rekordsommers noch "unheimlich viel" Leergut auf Vorrat hatte, wie er erzählt, spitzt sich die Lage heuer gegen Ende der Sommerferien zu. Hintergrund ist nicht nur der Bierdurst im Landkreis Ebersberg, sondern auch, dass einige populäre Biersorten inzwischen in der sogenannten Euro-Flasche verkauft werden. Diese ist eine Standardform der Pfandflasche, die von vielen Brauereien genutzt und darum auch nahezu überall angenommen wird - nicht immer finden sie ihren Weg in die ursprüngliche Brauerei zurück.

Da die Glasindustrie seit Jahren mit Engpässen bei der Flaschenproduktion zu kämpfen hat, kommt der Nachschub oft nicht rechtzeitig an. Davon kann auch Marc Hammacher, Vertriebsdirektor und Prokurist bei Schweiger Bräu in Markt Schwaben, ein Lied singen. "Wenn Sie fürs nächste Jahr Flaschen brauchen, müssen Sie jetzt bestellen", moniert er. Was das Leergut angeht, sei man aber noch "gut ausgestattet". Die beiden Brauereien des Landkreises sehen auch ihren starken regionalen Bezug als Vorteil. Da die Biere vor allem in der Region konsumiert werden, müssen die Flaschen beim Transport nicht erst in ein Zwischenlager wandern, sondern können meist direkt angeliefert und wieder abgeholt werden, was Zeit spart.

Für viele andere kleinere Brauereien scheint dieser Vorteil aber nicht auszureichen. Sie fordern eine Pfanderhöhung für Bierflaschen und teilweise auch für Kästen. Während sich der für ganz Deutschland zuständige Brauerei-Verband für eine Steigerung von den bisherigen acht auf 15 Cent für normale Bierflaschen, beziehungsweise von 15 auf 25 Cent für Bügelflaschen einsetzt, ist man in Bayern drastischer. Ein Zusammenschluss von 40 privaten Bierbrauern will hier einen einheitlichen Pfandsatz von 30 Cent für alle Flaschentypen durchsetzen. Für Bierkästen hat der Verband private Brauereien Bayern sogar schon ein Ultimatum gesetzt. 40 der insgesamt mehr als 600 Mitglieder unterstützen den Vorstoß von Verbandspräsident Georg Rittmayer, das Pfand von März 2020 an von bisher 1,50 Euro auf sechs Euro erhöhen, wenn es bis dahin keine deutschlandweite Einigung gibt.

Von so drastischen Preissprüngen hält Wildbräu-Chef Schlederer wenig. "Das Pfand läge dann über dem Einkaufspreis", sagt er kritisch. So könnten dann insbesondere die Kastenhersteller theoretisch mehr Gewinn machen, indem sie neue Kästen bedrucken und als Pfand abgeben, anstatt sie über die üblichen Wege zu verkaufen. Auch für Privatleute wäre Leergut dann eine Art Geldanlage, die bei einer Pfanderhöhung quasi über Nacht ihren Wert vervielfachen würde. Ein Pfand von 15 Cent für Bierflaschen und etwa drei bis vier Euro für das Tragerl könne er sich aber vorstellen. Damit läge das Pfand leicht unter dem Einkaufspreis und das "würde uns kleinen Brauereien schon sehr helfen", gibt er zu.

Bei Schweiger Bräu hält man Pfanderhöhungen dagegen aktuell nicht für notwendig. "Wir sind aber offen für Gespräche', sagt Vertriebsdirektor Marc Hammacher. Zudem habe sich die Brauerei im vergangenen Jahr eine "strategische Kistenreserve" mit speziellen schwarzen Kisten eingerichtet, die zum Einsatz kommen sollen, wenn die Bierkästen in den Urlaubsmonaten nicht schnell genug zurückgebracht oder zum Beispiel als Gartenmöbel zweckentfremdet werden.

Bei einer möglichen Pfanderhöhung ist ihm vor allem wichtig, dass diese so umgesetzt wird, dass keine gravierenden Nachteile für Händler entstehen. Wie auch sein Kollege beim Wildbräu befürchtet er, dass ein abrupter Anstieg beim Pfand zu starken Verwerfungen auf dem Leergutmarkt führen könnte. "Ein Privathaushalt kann das vielleicht noch verkraften. Aber schauen Sie sich mal an was alles an Kisten beim Getränkemarkt steht", gibt er zu bedenken. Wenn diese mit 1,50 Euro Pfand verkauft, aber dann für vier Euro zurückgenommen würden, entstünden quasi über Nacht gewaltige Mehrkosten für den Händler.

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SZ vom 29.08.2019
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