Süddeutsche Zeitung

Waldbesitzer in Sorge:Zum Klagen gibt es Gründe genug

Lesezeit: 3 min

Niedrige Holzpreise, Borkenkäfer und viele Unfälle: Die heimischen Waldbesitzer blicken mit Sorge auf den Sommer.

Von Anselm Schindler, Ebersberg

Ein Waldweg zwischen Kirchseeon und Moosach: Am Wegrand türmen sich die Fichtenstämme, gefällt aus Angst vor dem Borkenkäfer. Ein Bild, dass sich bei Spaziergängen durch den Forst vielerorts bietet. Das befallene Fichtenholz wird möglichst weit entfernt von den nächsten Baumbeständen gelagert, um es dem Borkenkäfer möglichst schwer zu machen, noch mehr Schaden anzurichten.

"Möglichst schnell" sollten Waldbesitzer jetzt handeln, um die noch gesunden Bäume zu schützen, erklärt Kirsten Joas, die im Ebersberger Amt für Ernährung Landwirtschaft und Forsten Waldbesitzer aus dem Landkreis berät. Im Rahmen einer Informationstour der Waldbesitzervereinigung (WBV) Ebersberg/München-Ost erklärte Joas, was zu tun ist.

Aktuell häufen sich die Probleme für den Wald

Doch bei den vier Terminen, die Joas auf den Landkreis verteilt hat, um möglichst viele Waldbesitzer zu erreichen, geht es nicht nur allein um Schädlingsbekämpfung, sondern auch um andere aktuelle Probleme in der Forstwirtschaft. In Moosach mit dabei ist auch Michael Kammermeier, Geschäftsführer der örtlichen WBV. Ein kerniger Typ, Vollbart und Funktionskleidung, so eben, wie man sich jemanden vorstellt, der sein halbes Leben im und mit dem Wald verbringt.

Der Waldweg ist gesäumt von abgefallener Rinde, in der sich noch einzelne Käfer verstecken. Eigentlich ist es dem Käfer im Februar und März viel zu kalt, eigentlich hält er Winterschlaf. Doch in diesem Februar war alles anders, bei Temperaturen über 16 Grad wird der Schädling aktiv, frisst, vermehrt sich und zieht weiter. "Wir haben schon Angst davor, was das Jahr bringt", sagt Waldbesitzer Andreas Huber. Nördlich von Moosach bewirtschaftet Huber rund 80 Hektar, auf denen vor allem Fichten wachsen.

Die Fichte ist der "Brotbaum" der Forstwirte, Borkenkäfer hin oder her. Wegen der hohen Erträge und ihrem geraden Wuchs sind in vielen Teilen Bayerns regelrechte Fichten-Monokulturen gewachsen, im Zuge des Klimawandels könnte sich das rächen, wie Joas befürchtet. Denn der Fichte, die eigentlich aus kälteren Gefilden stammt, wird es bald zu warm werden, der vergangene Sommer hat gezeigt, wie sehr Hitze- und Dürreperioden den heimischen Wäldern zusetzen.

Forstbesitzer müssen sich auf Veränderungen einstellen

Ausführlich berichtete Joas von ihrer Reise nach Rumänien, von den dortigen Buchen- und Eichenwäldern. Bayern könnte, bedingt durch die Erhitzung der Atmosphäre, schon bald das wärmere und trockenere Klima Rumäniens teilen. Und so war Joas Reise war vor allem der Suche nach Alternativen zur Fichte gewidmet. Ein Patentrezept hat sie in Rumänien zwar nicht gefunden. "Fichten habe ich dort aber keine gesehen". "Wir müssen uns auf Veränderungen einstellen" erklärte Joas den Waldbesitzern, deren Mienen sich verdüsterten, als sie Fotos von Käfer-befallenen Baumstämmen zeigte. Den Tiefpunkt erreichte die Stimmung, als es um die teils tödlichen Unfälle geht, die sich im vergangenen Jahr in der Forstwirtschaft ereigneten. Die Botschaft: Helm tragen, Sicherheits-Kurse belegen und aufpassen!

Die Nachrichten, die die Waldbauern der Region im vergangenen Jahr erreichten, waren selten gut: Sie haben Grund zum Jammern, und das auch wegen des niedrigen Preis-Niveaus, das die Forstwirte mit ihrem Holz derzeit in Sägewerken erzielen. Von 100 auf rund 80 Euro ist der Preis pro Festmeter Fichtenholz im vergangenen Jahr gefallen, Schuld war der Orkansturm Niklas, der den Holzmarkt regelrecht überschwemmte. "Wiebke war noch schlimmer", erinnerte sich Forstwirt Andreas Huber an den Orkansturm im März 1990, "da war das Holz fast gar nichts mehr wert". Doch 2016 könnte es noch schlimmer kommen, wenn der Borkenkäfer sich weiter so rasant verbreitet. Alles hängt nun vom Wetter ab, wird es verregnet und kalt, könnten die Forstwirte mit einem blauen Auge davon kommen.

Doch es hänge auch an den Waldbesitzern selbst, appellierte Joas an die, die da vor ihr saßen. "Manchmal ist es auch einfach Nachlässigkeit", ergänzte WBV-Geschäftsführer Michael Kammermeier, gerade um kleinere Waldstücke würden sich ihre Besitzer oft nicht kümmern. "Manche Besitzer wohnen weit weg oder wissen oft gar nicht, dass sie mal einen Wald vererbt bekommen haben", erklärt sich das Kammermeier. Wer einen Wald besitze, sei für diesen auch verantwortlich, betonte er. Besonders dann, wenn der Borkenkäfer wütet.

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Quelle:
SZ vom 14.03.2016
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