Süddeutsche Zeitung

Ebersberg:Künftig kommt der Abschleppwagen

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Der Filialleiter des Ebersberger Getränkemarkts "Anderl" ärgert sich über Autofahrer, die ohne zu fragen bei ihm parken. Weil Zettel und Warnschilder nichts halfen, folgt nun eine drastische Maßnahme.

Von Korbinian Eisenberger, Ebersberg

Um kurz nach 19 Uhr ist der Parkplatz vor seinem Laden meistens belegt. Was nach gutem Geschäft aussieht, stört Martin Bachmeier mittlerweile aber ganz gewaltig: Denn es sind nicht seine Kunden, die dort parken, sondern überwiegend Autofahrer, die den Abend in der Stadt verbringen. Etwa in einem der Ebersberger Wirtshäuser oder auf den Stühlen des Alten Kinos, wenn dort ein Kabarettist oder ein Musikant auftritt.

"Die Leute fragen nicht einmal, sondern stellen sich einfach her", sagt der 36-Jährige. Seit Monaten gehe das so, und deswegen zieht Martin Bachmeier nun Konsequenzen. "Ich habe vom Betriebsleiter einen Auftrag bekommen", sagt er: In Zukunft will er die Falschparker auf dem Grundstück abschleppen lassen.

Die Filiale der Getränkemarkt-Firma "Anderl" liegt im Ebersberger Ortszentrum, 150 Meter Gehweite zum Alten Kino - der Parkplatz vor dem Laden ist allein wegen der Nähe zum Kleinkunsttheater schon praktisch. Etwa 20 Autos haben dort Platz, und weil tagsüber meist nur einzelne belegt sind, wird man vor dem Laden dann fast immer problemlos fündig. Nach 19 Uhr aber geht es oft auf einen Schlag eng zu - und daran stört sich der Filialleiter.

Martin Bachmeier sieht einen direkten Zusammenhang zum Veranstaltungsplan im Alten Kino, das immer um 19.30 Uhr seine Türen aufsperrt. "Es kam schon vor, dass meine Kunden wieder gefahren sind, weil kein Platz mehr war", sagt er. Macht er seine Drohung war, könnte die Parkplatzsuche im Bereich des Ebersberger Marktplatzes noch komplizierter werden, als sie eh schon ist. Die Parkmöglichkeiten sind bekanntermaßen begrenzt.

Ist die Abschlepp-Drohung übertrieben? Oder gerechtfertigt? Der Chef des Alten Kinos sieht die Sache jedenfalls entspannt. Beschwerden habe er noch keine erhalten, sagt Markus Bachmeier, weder verwandt noch verschwägert mit dem Geschäftsleiter der Anderl-Filiale. Niemand sei deswegen an ihn herangetreten, sagt er. "Mir ist neu, dass es deswegen ein Problem gibt."

Die Gäste von Markus Bachmaier nutzen den Kundenparkplatz von Martin Bachmaier

Ihm sei bewusst, dass manche seiner Gäste dort parken würden, sagt er, auch, dass es "zu einer Überschneidung von etwa 45 Minuten" komme. Es geht also vor allem um die Zeit zwischen 19 und 20 Uhr, in denen Kunden von Martin Bachmeier und Gäste von Markus Bachmeier gemeinsam den Anderl-Parkplatz zuparken. Mit dem kleinen aber feinen Unterschied, dass die einen das dürfen, und die anderen nicht.

Ein ganz normaler Nachmittag in Ebersberg, Martin Bachmeier trägt wie sonst auch die Firmen-Arbeitsweste, er sortiert Regale und begrüßt Kunden, die durch die Schiebetüren kommen. "Mir geht es nicht nur um die Parkplätze", sagt er. Ihm fehle es bei den Parkern vor allem an Anstand. "Wenn ich auf einem fremden Grundstück parke, dann gehört es sich, dass man fragt, ob das in Ordnung ist", sagt er. Meistens sei es dann kein Problem, "wenn Platz da ist, dann bin ich der letzte, der einen wieder wegschickt", sagt er. Auf der Hinterseite des Ladens habe er ohnehin immer Platz. So wie es derzeit läuft, habe er aber nicht einmal die Chance, nein zu sagen, wenn es mal enger wird.

Es ist eine kleine Lokalposse, die es vielleicht gar nicht gäbe, würden die Leute mehr miteinander reden. "Wenn seine Kunden keinen Platz mehr haben, kann ich den Ärger verstehen", sagt Markus Bachmeier. Verantwortlich sieht er sich dafür aber nicht. Weder würden er und seine Kollegen den Parkplatz nutzen, noch empfehle er ihn den Gästen. Grundsätzlich, sagt er, würde er sich von den Händlern mehr Entgegenkommen beim Parkproblem im Stadtzentrum wünschen. "Ich finde es schade, dass viele Supermärkte in Ebersberg ihre Parkplätze abends abschließen", sagt er. Dadurch sei viel Platz ungenutzt.

Martin Bachmeier hat bisher Zettel auf der Windschutzscheibe hinterlassen, an der Mauer am Parkplatz hängen Hinweisschilder mit skizzierten Abschleppwagen. Er habe lange zugeschaut, jetzt, sagt er, reiche es ihm. Martin Bachmeier schiebt die Kasse zu, blättert durch einen Papierstapel. Er hat Angebote von Abschleppfirmen gesammelt, aus der Zentrale habe er eine Vollmacht der Firmenleitung beantragt. Mit den Worten "Sobald Ihr Privatparkplatz oder Ihr Grundstück widerrechtlich von einem Falschparker beparkt wird", wirbt eine Münchner Abschleppfirma für ihre Dienste. Bezahlen, heißt es, müsse der Falschparker.

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Quelle:
SZ vom 31.03.2017
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