Süddeutsche Zeitung

Ausstellung:Aus der Stille des Moments

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Jazz-Fotografen aus dem Landkreis zeigen in einer Ausstellung im Studio an der Rampe in Ebersberg musikalische Momente mit persönlicher Note

Von Ulrich Pfaffenberger, Ebersberg

In den Räumen des Kunstvereins Ebersberg in der Alten Brennerei hat am Sonntag das Vorspiel zum diesjährigen Jazzfestival EBE-JAZZ 15 begonnen. Instrumente und Musiker waren dabei nicht im Spiel, wenigstens nicht hörbar. Zu sehen waren sie allerdings schon, auf einer Auswahl von Bildern, die Fotografen aus dem Landkreis geschaffen haben. "Wir haben bei den vergangenen Festivals beobachtet, dass bei vielen Konzerten Fotografen aktiv waren. Das brachte uns auf die Idee, daraus eine Ausstellung zu machen", sagte Jazzmusiker Moritz Fischer bei der Eröffnung. Für die Premiere des Bild gewordenen Jazz schlüpfte er in die Rolle des Kurators für die Ausstellung, der "ersten in meinem Leben", wie er freimütig einräumte.

Wie es bei diesem Musikstil nicht anders sein kann, begegnen die Betrachter der ungewöhnlichen Galerie einem sehr variabel und individualistisch geprägtem Set an Themen und Motiven. Wie bei den unterschiedlichen Ausprägungen des Jazz lassen auch die Fotografen eindeutige Vorlieben erkennen, was Rhythmus, Tonalität und Akzentuierung angeht. Das ist, verdichtet auf einen Raum, ein intensives Erlebnis, zumal aus dem Augenwinkel fast immer auch ein anderes Ensemble in die Wahrnehmung hereinspielt. Zusätzlichen Charme gewinnen die Exponate dadurch, dass sie nicht die sattsam bekannten globalen Größen der Szene zeigen, sondern überwiegend Solisten, Ensembles und Ereignisse aus der Region. So wird aus stummem Betrachten unterhaltsames Miteinander.

Was alle Motive gemeinsam haben: Sie sind "live" bei Konzerten entstanden, was ihre Lebendigkeit über jede Studiosterilität erhebt. Zugleich verfügen sie damit über jene Macken und Störungen, die sich aus einem unkontrollierbaren Umfeld ergibt, an denen sich aber zweierlei zweifelsfrei erkennen lässt: die Echtheit des Motivs und die Kunstfertigkeit des Fotografen. Dass der größere Teil der gezeigten Bilder schwarz-weiß gehalten ist, fügt sich da nahtlos in die fast durchweg geglückte Lösung einer schwierigen Aufgabe ein: Was macht eine Momentaufnahme im Konzert so tief, so wahr, so echt, dass die Musik nicht hinter dem Bild verschwindet? Es ist die Stille des Moments, die da wirkt. Einige der Fotografien verdienen besonderes Augenmerk. Valentin Winhart, der in Farbe fotografiert hat, porträtiert den hoch konzentrierten, gespannt auf seinen Einsatz wartenden Saxofonisten Stefan Zenker mit fast außerirdischen Lichteffekten raumlos, schwerelos. Hermann Will hat eine Konzertszene mit der Pianistin Chenny Gan eingefangen und über das Verfahren "Pigment auf Canvas" mit der Plastizität und Lichtkunst eines Vermeer versehen. Andy Guderas Bilder wiederum sind in ihrer Reduktion von klassischer Zeitlosigkeit; sein "no piano today" zeigt einen Claus Raible, der im Jahr 1920 genauso zu Hause wäre wie 2015. Ein feines Gedankenspiel zu den oft überraschenden und intimen Schattierungen des Jazz zeigen einige Aufnahmen von Peter Hinz-Rosin, bei denen die Musiker zu "shades of grey" an den Wänden des Konzertsaals werden. Weitere Foto-Künstler, die zu sehen sind: Christian Endt, Erich Beschorner, Karl Obermayer, Antoine Squillace und Thomas Hümmler. Sowie, mit den Wänden das Alten Kinos auch an einem Brennpunkt des Festivalgeschehens, die unwiderstehlichen Porträts aus der Kamera von Georg Juranits, Bilder von buchstäblich "großem Format".

Die Ausstellung in der Alten Brennerei ist zwei Stunden vor den Veranstaltungen von Ebe-Jazz geöffnet und noch eine halbe Stunde danach.

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Quelle:
SZ vom 13.10.2015
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