Süddeutsche Zeitung

Ebersberg:Aufrüsten gegen den Käfer

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Waldbesitzer klagen über einen überdurchschnittlichen Borkenkäferbefall. Doch die große Invasion bleibt bislang aus

Von Anselm Schindler, Ebersberg

Sie könnte "so schlimm werden wie noch nie", die Borkenkäferinvasion, das prognostizierte Johann Wolmuth für den Sommer. Das war im Januar und nicht nur Wolmuth, Leiter eines Forstbetriebes in Steinhöring, schlug damals Alarm: Reihum fürchteten sich Förster und Waldbesitzer vor dem großen Kahlfraß. Doch die Natur wollte es anders: Wegen der starken Regenfälle in den vergangenen Monaten sei die Situation "weniger tragisch als befürchtet", so beschreibt Michael Waldherr die Lage, er ist Servicestellenleiter des Staatsforstbetriebes in Wasserburg und auch für den Ebersberger Forst zuständig. Zwar seien die Schäden, die der Borkenkäfer in diesem Jahr in den Wäldern der Region anrichte "überdurchschnittlich hoch", doch der Wald habe sich dank des vielen Regens erholen können, so Waldherr.

Auf der Jagd nach dem Borkenkäfer habe man seit dem vergangenen Jahr stark aufgerüstet, erklärt der Servicestellenleiter. Im Ebersberger Forst sind auch in diesen Tagen noch zwei Harvester unterwegs. Die großen Holzerntemaschinen rollen über den feuchten Waldboden, ihre Greifarme und Kettensägen knöpfen sich die von Käfern befallenen Stämme vor. Schnell muss das gehen, im Regelfall werde ein Baum rund eine Woche, nachdem der Käferbefall diagnostiziert ist, aus dem Wald entfernt, so Waldherr, der den Einsatz der Harvester koordiniert. Entwarnung will er aber noch nicht geben, die Lage sei nach wie vor brisant. "Im Griff haben wir es noch nicht", bestätigt diese Einschätzung Werner Fauth, Vorsitzender der Waldbesitzervereinigung Ebersberg/München Ost.

Es stand nicht gut um die Fichte, in diesem Frühjahr. Die für die Forstwirtschaft in unseren Breiten bedeutendste Baumart war geschwächt vom extrem trockenen und heißen Sommer des vergangenen Jahres: Das durchschnittliche Wachstum der Bestände war 2015 um rund 50 Prozent eingebrochen heißt es aus dem Agrarausschuss des Landtages. Der Nadelbaum braucht viel Wasser, die Wurzeln der Fichte ragen - gemessen an anderen Baumarten - nicht tief in den Boden, die Trockenheit setzte den Bäumen stark zu und bot damit eine Angriffsfläche für den Borkenkäfer, der sich in den geschwächten Fichten einnistete. Und sich stärker verbreitete als sonst, auch weil das Frühjahr so warm war.

Normalerweise legt ein Borkenkäfer-Weibchen zwei Mal pro Jahr rund 60 Eier, doch im vergangenen Jahr vermehrten sich die Käfer wegen der günstigen Bedingungen stärker als sonst, gleich drei Generationen neuer Käfer pflanzten sich fort. Hinzu kam, dass der Wald auch vom Orkantief Niklas geschwächt war, der Sturm verwüsteten im März 2015 ganze Waldstriche. Die Regenfälle im vergangenen Juni und Juli aber machten dem Käfer einen Strich durch die Rechnung, die Fichtenbestände konnten sich erholen.

Ein Blick in das Borkenkäfermonitoring der Bayerischen Landesanstalt für Wald- und Forstwirtschaft (LWF): Auf einer Karte sind die gefährdeten Gebiete des Freistaates markiert, für den Landkreis Ebersberg gilt immer noch die höchste Warnstufe: "Gefährdung mit akutem Befall". Seit Anfang des Jahres haben Waldbesitzer und Experten staatlicher Stellen die Suche nach dem Käferholz intensiviert. Der Befall zeigt sich an der Rinde und am Fuß des Baumes, dort sammelt sich Bohrmehl, es sieht ein bisschen aus wie Schnupftabak und entsteht, wenn sich der Borkenkäfer ins Holz frisst um dort seine Eier zu legen.

Freilich gibt es auch noch andere Methoden, die Verbreitung des Borkenkäfers zu beobachten: Am südwestlichen Waldrand des Ebersberger Forstes, nahe des Zornedinger Ortsteils Ingelsberg, steht ein Kasten, der einen künstlichen Lockstoff verströmt. Angeregt vom Duft verirren sich die Schädlinge ins Innere der Falle. Mitarbeiter des LWF überprüfen die Fallen regelmäßig und bekommen so Aufschluss über die Käfer-Population.

Und die wachse um so schneller, je heißer die Sommer werden, sagt Waldbesitzer-Vorstand Werner Fauth auch mit Blick auf den Klimawandel. Und so beginnt ein Wettrüsten, das es auch erfordere, modernere Technik einzusetzen, wie Michael Waldherr erklärt. "In Wasserburg testen wir gerade eine Drohne". Mit dem Fluggerät wolle man den Schädlingsbefall mittels hochauflösender Infrarot-Bildern künftig schneller erkennen, so Waldherr. Bewähre sich die Technik, dann könnten die Anti-Käfer-Drohnen bald auch über den Wäldern Ebersbergs kreisen.

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SZ vom 26.08.2016
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