Süddeutsche Zeitung

Backweltmeisterin und Fernsehkonditorin:Oh, du grüner Waffeltannenbaum

Lesezeit: 3 min

In Andrea Schirmaier-Hubers Akademie bereiten Hobby-Konditoren viele Delikatessen zu.

Von Luisa Seeling

Selbstbewusst bewegt sie sich durch die Hightech-Küche: strahlendes Lächeln, blond, Perlenohrstecker, weiße Kochjacke. Mit der flachen Hand streicht sie über eine der glänzenden Arbeitsflächen. "Das hier ist mein Baby", sagt Andrea Schirmaier-Huber, Backweltmeisterin und Fernsehkonditorin. "So eine schöne Küche habe ich nicht mal zuhause."

Schirmaier-Huber empfängt heute Gäste, genauer gesagt: die Gewinner eines Preisausschreibens einer Firma, die Butter und andere Molkereierzeugnisse produziert. Wie Schüler auf Klassenfahrt betreten sie die Backakademie und schauen sich neugierig um - zehn Gewinner mit jeweils einer Begleitperson. Zwei Stunden lang werden sie hier in Oberpframmern mit Schirmaier-Huber und ihrer Mitarbeiterin Sandra Lutz exquisite Waffelrezepte ausprobieren.

Das Herzstück der Backakademie befindet sich hinter dem Verkaufsbereich mit seiner gut bestückten Pralinenkühltheke, den Naschereien, Keksausstechern und goldenen Deko-Hirschen: eine moderne, mit allen Schikanen ausgestattete Lehrküche. Eingerichtet wurde sie erst vor anderthalb Monaten, erzählt Schirmaier-Huber.

Alles darin ist gesponsert: die Küchenmaschinen, die Touchscreen-Herde, das Zubehör, die Küchenelemente. Denn das ist neben dem Konditorenhandwerk Schirmaier-Hubers zweite Aufgabe: Werbung. Sie ist das Werbegesicht für eine große Firma, die Backformen in allen Varianten herstellt. Das dürfte sich auszahlen, denn der Bekanntheitsgrad der 36-Jährigen ist gerade kräftig gestiegen. "Seit sie bei dieser Sat1-Show dabei ist, geht es hier richtig rund", bestätigt Sandra Lutz, die seit drei Wochen für Schirmaier-Huber arbeitet und selber bereits Bundessiegerin war. Die vierteilige Show "Das große Backen" läuft zurzeit auf Sat1, kommenden Sonntag, 22. Dezember, um 18 Uhr wird die letzte Folge ausgestrahlt. Darin sucht Schirmaier-Huber gemeinsam mit Enie van de Meiklokjes und dem Pâtissier Christian Hümbs Deutschlands beste Hobby-Bäcker.

Sie selber gehört seit 1999 zur Oberliga ihrer Zunft. Damals gewann sie mit gerade einmal 21 Jahren den Weltmeistertitel - als erste deutsche Frau überhaupt. Heute schwärmt das Promi-Blatt "Bunte" von den 14-Zentimeter-Heels und der "süßen Kunst" der telegenen Konditorin. Kann man sie dazuzählen zur Promi-Riege der Fernsehköche? "Joa", sagt Schirmaier-Huber, es klingt nach irgendwas zwischen selbstbewusst und bescheiden. Sie schickt die Andeutung eines Lächelns hinterher.

Dann teilt sie - in flachen Ballerinas - an die Workshopteilnehmer vier verschiedene Rezepte aus: herzhafte Waffeln mit Speck, Zwiebeln und Kräutern; Vanille-Waffeln mit Bratapfel-Karamell; Schokowaffeln mit marinierten Orangen; einen grünen Waffeltannenbaum aus übereinander geschichteten, grün eingefärbten Waffeln. Emsiges Gruppenbilden. Die Back-Lehrlinge kommen aus Fulda, Nürnberg, Hamburg - und Köln, wie Axel Stengel. Der 56-Jährige hat sich der Schokowaffel-Gruppe angeschlossen und filiert Orangen. "Alles Zähe muss weg, so dass nur Fruchtfleisch und Saft übrig bleibt", erläutert er. Eine Arbeit für Blöde sei das, außerdem bekomme man schrumpelige Finger davon. Doch Stengel lacht, der Rheinländer ist wohl doch ganz zufrieden mit seiner Filiererei. Am anderen Ende der Arbeitsfläche beugen sich zwei Frauen über ihr Rezept: Mutter und Tochter Rhode aus Ingolstadt, beide, erzählen sie unter verlegenem Lachen, heißen Edith. Tochter Edith schnippelt Apfelschnitze, Mutter Edith schaut zu. Andrea Schirmaier-Huber kommt vorbei: "Na, hier läuft's gut?" "Na ja, Äpfel schneiden ist ja noch nicht so schwierig", antwortet die junge Edith Rhode. Die Weltmeisterin warnt: "Die Karamellmasse wird komplizierter."

Schirmaier-Hubers ist Konditorentochter. Das Café Huber in der Münchner Aribonenstraße ist seit 1895 in Familienbesitz, die Leitung übernahm Schirmaier-Huber 1998. Mit ihrem Umzug nach Oberpframmern erfüllte sie sich einen lang gehegten Traum: Konditorei, Confiserie, Backakademie und Konfitürenmanufaktur unter einem Dach, früher war hier ein Lebensmittelmarkt untergebracht. Die Konditorei ist teils Versandhandel, doch es gibt auch Lauf- oder besser: Fahrkundschaft. Fans von Schirmaier-Hubers Torten fahren auch schon mal aus München oder Salzburg in das beschauliche Dorf im Südwesten des Landkreises, erzählt Sandra Lutz.

Die Stimmung steigt, es wird gekichert, gerührt, gekleckst. Hier wird Lebensmittelfarbe in den Teig getröpfelt, bis er "schön Nordmanntannen-Grün ist", wie es sich Schirmaier-Huber für den Waffelbaum wünscht. Dort schwappt eine flüssige, noch nicht zum Teig fertig gerührte Eiweiß-Pampe aus dem Küchenmaschinen-Behälter - die Rührarme sind nicht tief genug eingestellt. "Huch", sagt die Frau, die daneben steht, und schaltet schnell eine Stufe runter. "In der Weihnachtsbäckerei, gibt's so manche Kleckerei", singt Lutz und hilft, die schicke rote Maschine zu bändigen.

Sie selber, erzählt Andrea Schirmaier-Huber, habe zu Hause eine 300-Euro-Küche, "bei Ebay ersteigert". Wenn sie aber irgendwann ein eigenes Haus besitze, wolle sie eine Küche mit allem Drum und Dran. Nicht im minimalistisch-modernen Design wie ihre Lehrküche, sondern im französischen Landhausstil, "mit herabhängenden Töpfen und Pfannen, so sähe mein privater Stil aus".

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Quelle:
SZ vom 20.12.2013
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