Süddeutsche Zeitung

Ausstellung in Ebersberg:Die Schönheit des Tabus

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Vier Künstler aus Syrien und Senegal stellen ihre Werke im Ebersberger Rathaus aus. In Malerei, Zeichnung und Foto verarbeiten sie ihre eigene Geschichte - an diesem Montag (19 Uhr) ist Vernissage.

Von Korbinian Eisenberger, Ebersberg

Ein Toter? Oder ein Verwunderter, der noch lebt? Die Antwort will Mohamed Alkadri nicht selbst geben. Sein Porträt zeigt einen Menschen, dem offenbar Schmerz zugefügt wurde, "den letzten Schritt soll der Betrachter aber selbst machen", sagt Alkadri. Der 30-Jährige stammt aus Syrien, in seinen Bildern geht es um die Leiden des Krieges. "Die Kunst ist da wie Luftschnappen", sagt er. Ein sich öffnen, dem Ausdruck zu verleihen, das einen beschäftigt. So damit andere es sehen und vielleicht gar verstehen.

In ihrer gemeinsamen Ausstellung geht es Mohamed Alkadri, Mohamad Alkhalaf, Hasseb Kalifa und Bakary Sarr um Verarbeitung. Ihre Werke sind bis zum 11. Januar im Ebersberger Rathaus zu sehen, eröffnet wird am Montag um 19 Uhr mit einer Vernissage. "Wir setzen uns mit Geschichte und Zukunft auseinander", sagt der 34-jährige Mohamad Alkhalaf aus Syrien. Das ist die Gemeinsamkeit. In ihrer Kunst könnten sie sich kaum mehr unterscheiden.

Bakary Sarr floh vor dem drohenden Zwangseinzug in den senegalesischen Militärdienst, die Flucht ist seine Inspiration. Der 33-Jährige ist der abstrakteste Künstler dieser Ausstellung, er schafft es, aus Zeitungsschnipseln und Farbe ein Bild voller Wucht auf der Leinwand zu kreieren. Bei all der Abstraktion ist zu erkennen, dass hier Menschen in Booten sterben, "meine Überfahrt nach Lampedusa war dramatisch", sagt er.

Hasseb Kalifa arbeitet ohne Farbe, dafür mit viel Gefühl. Der 23-jährige Syrer zeichnet sich das vom Leib, worüber er in Damaskus nicht sprechen wagte. In seinen filigranen Porträts geht es um syrische Tabuthemen - er zeichnet Frauen, unverschleiert, "in ihrer Schönheit", sagt er.

Mohamad Alkhalaf ist der einzige Journalist unter den Künstlern, er setzt sich vor allem mit seiner neuen Heimat auseinander. Sein Ausstellungs-Thema ist das Wohnen, er selbst lebt in Kirchseeon. In Text und Foto erzählt er pointiert, wie sich das Wohnen in Oberbayern anfühlt - und was ein Rasenmäher damit zu tun hat.

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Quelle:
SZ vom 04.12.2017
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