Süddeutsche Zeitung

Alkoholverbot:Mittagsbier ja, Mitternachtsbier nein

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Poing erlässt für vier Jahre ein Alkoholverbot für das Areal rund um die neue Ortsmitte und den Bahnhof. Der Gemeinderat will so Probleme mit pöbelnden und randalierenden Jugendlichen in den Griff bekommen.

Von Barbara Mooser, Poing

Einen kleinen Akt der Rebellion gönnten sich die Jugendlichen am Donnerstagabend: Nachdem sie im Sitzungssaal aufmerksam die Gemeinderatsdebatte über ein Alkoholverbot auf öffentlichen Flächen verfolgt hatten, diskutierten sie selbst noch eine Weile vor dem Rathaus - mit einem Bierchen in der Hand.

Das wird auch weiter erlaubt sein; rund um die neue Ortsmitte und den Bahnhof hingegen darf künftig von 22 bis 6 Uhr kein Alkohol getrunken werden. Damit reagiert der Gemeinderat darauf, dass Anwohner und Passanten immer häufiger über pöbelnde und randalierende Jugendliche in diesem Bereich klagten. Auch die Zahl der Straftaten, die hier verübt wurden, hat deutlich zugenommen.

129 Einsätze hatte die Polizei im vergangenen Jahr rund um Marktplatz, Marktstraße, Friedensstraße und Alte Gruber Straße, das sind 47 Prozent mehr als im Vorjahr. 21 Mal waren dabei Sachbeschädigungen die Ursache, 23 Mal Einbrüche und sonstige Diebstähle und 40 Mal rückte die Polizei aus, weil Leute randalierten, laut waren oder den Platz vermüllten. In 32 Fällen war dabei mit Sicherheit Alkohol im Spiel - die Polizei geht aber davon aus, dass die Dunkelziffer sehr viel höher ist, denn oft waren die Täter schon verschwunden, als die Polizei eintraf. In den Fällen, wo man die Schuldigen ermitteln konnte, handelte es sich meist nicht um Poinger Jugendliche, sondern um junge Leute aus anderen Gemeinden.

Über Maßnahmen, die helfen könnten, die Lage rund um den Marktplatz wieder zu entspannen, hatte der Gemeinderat bereits in mehreren Sitzungen diskutiert. Mit knapper Mehrheit hat sich der Haupt- und Finanzausschuss Ende Februar dafür entschieden, einen Sicherheitsdienst einzusetzen, wie es die SPD in einem Antrag gefordert hatte.

Das Alkoholverbot soll nun ein weiterer Ansatz zur Lösung des Problems sein. Dabei geht es freilich nicht darum, Alkohol generell und überall zu verbannen - vielmehr wird die neue Verordnung "zum Verbot des Verzehrs alkoholischer Getränke auf öffentlichen Flächen", wie sie im Amtsdeutsch heißt, nur dort gelten, wo es in jüngster Zeit Probleme gab. Das ist ein Areal zwischen der Gruber Straße, der Bahnhofstraße, der Plieninger Straße und der Neufarner Straße. Der Marktplatz liegt ebenso innerhalb dieses Areals wie der Bahnhof und die umgebenden Grünanlagen. Der Alkoholkonsum ist hier künftig von 22 bis 6 Uhr untersagt. Das "Mittagsbier" auf der Parkbank sei also kein Problem, sagte Martin Rappold vom Hauptamt. Und auch Ausnahmen von der Regel kann die Gemeinde erlassen - eine steht schon in der Verordnung: die Silvesternacht. Zunächst gilt die Regelung für vier Jahre.

Dass man es einmal mit dieser Maßnahme versuchen sollte, darüber waren sich die Gemeinderäte einig. "Es ist eine Situation entstanden, die wir nicht mehr dulden können", sagte etwa Peter Maier (SPD). Sein Fraktionskollege Rainer Koch unterstrich, dass das fragliche Areal nicht allein den Jugendlichen gehöre, Menschen jeden Alters müssten sich dort wohlfühlen können.

Ludwig Berger (CSU), selbst lange Polizist, lobte das Alkoholverbot als Instrumentarium, das der Polizei ihre Arbeit erleichtere. Ausdrücklich betonten mehrere Gemeinderäte, dass es nicht darum gehe, Jugendliche unter Generalverdacht zu stellen und auch nicht darum, sie von öffentlichen Plätzen zu vertreiben. Es sei ihm völlig klar, sagte Maier, dass sich 99 Prozent der Jugendlichen an die Regeln hielten - gegen den Rest wende sich diese Maßnahme.

Auch Helmut Hintereder, Chef der Poinger Polizei, begrüßt das begrenzte Alkoholverbot. Es werde die Arbeit sicher erleichtern, sagt er. Gute Erfahrungen hat man laut Hendrik Polte, Dienststellenleiter der Polizei in Ebersberg, auch in anderen Gemeinden mit Alkoholverboten gemacht. In Ebersberg etwa sei der Alkoholkonsum im Innenstadtbereich und in der Altstadtpassage untersagt - allerdings nicht zeitlich begrenzt, sondern rund um die Uhr. Das sei zwar kein "Allheilmittel", so Polte, aber dennoch durchaus hilfreich für die Polizei.

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SZ vom 07.03.2015
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