Süddeutsche Zeitung

Aktionskünstler:Streit um Ehrung von Otto Dressler

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Eigentlich sollte in Moosach längst ein Weg nach dem Aktionskünstler benannt sein - Witwe spricht von "Verschleppung"

Carolin Fries

MoosachHildegard Dressler ist enttäuscht. Im März vergangenen Jahres hatte sich der Moosacher Gemeinderat einstimmig dafür ausgesprochen, die neu entstehende Straße auf dem Aichinger-Anwesen nach ihrem Mann Otto zu benennen. Der international tätige Bildhauer und Aktionskünstler aus Moosach war 2006 gestorben, seither kämpft seine Frau darum, "ihn hier in Erinnerung zu halten", wie sie sagt. Nun kleben in den Fenstern der Neubauten auf dem Aichinger-Anwesen ganz andere Anschriften: Kirchenweg steht dort. Moosachs Bürgermeister Eugen Gillhuber erklärt: "Die Verwaltung hat gesagt, das passt nicht."

Auf dem Aichinger-Anwesen entstehen derzeit zwei Einfamilienhäuser und ein Doppelhaus, die über den Kirchenweg erschlossen sind. Vom Kirchenweg, an dem das Doppelhaus liegt, zweigt eine Stichstraße zu den Einfamilienhäusern ab. "Lediglich diese zwei Häuser hätten die Adresse Otto-Dressler-Weg gehabt", sagt Gillhuber, für ihn "zu wenig". Seiner Meinung nach soll eine "gewichtige Straße" nach dem bedeutenden Künstler genannt werden, der 1990 mit dem Bundesverdienstkreuz ausgezeichnet wurde und in seinen Werken stets vor Krieg, Faschismus und Gewalt warnte. Natürlich müsse dem "bei nächster Gelegenheit" der Gemeinderat noch zustimmen. Indes hat die Verwaltung bereits die Hausnummern verteilt, ein "Verwaltungsakt", wie der Bürgermeister sagt. Ob die Stichstraße, die nun ebenfalls Kirchenweg heißen soll, als solche bereits öffentlich gewidmet ist, "kann ich nicht genau sagen", meint Gillhuber.

Die 72 Jahre alte Witwe befürchtet, dass die Gemeinde die Ehrung "verschleppen" will. Sie hatte 2009 um die Ehrenbürgerschaft für ihren Mann ersucht, doch die Gemeindeordnung verbietet eine posthume Ehrung. Eugen Gillhuber war es schließlich, der einen Otto-Dressler-Weg für Moosach vorschlug - doch es passierte nichts. 2011 stellte der Kulturkreis den Antrag, einen Weg nach dem Künstler zu benennen. Der Gemeinderat beschloss, dieser solle auf dem Aichinger-Anwesen entstehen. Kulturkreisvorsitzende Heidemarie Seibert sagte gestern der SZ, sie wolle "weiter dran bleiben" und in Kürze Rücksprache mit den Vereinsmitgliedern halten. "Der Gemeinderat soll einen würdigen Weg finden", meint sie.

Gillhuber glaubt, diesen schon gefunden zu haben. Er schlägt vor, den Osteranger nach Otto Dressler umzubenennen. "Von der Zuordnung her wäre das am besten", sagt er. Hier hat Dressler von 1962 bis zu seinem Tod gelebt und gearbeitet. Die Stichstraße erschließt vier Anwesen, darunter das Haus von Hildegard Dressler und das Meta-Theater von Axel Tangerding. "Das wäre mir noch lieber", sagt Hildegard Dressler zu der Idee. Allerdings bezweifelt sie, dass die Nachbarn dem Vorhaben zustimmen. Nur wenn alle Grundstückseigentümer dem Vorhaben zustimmen, kann die Straße umbenannt werden. Gillhuber hat bereits einen Brief an die Grundstücksbesitzer aufgesetzt, dem eine Einverständniserklärung zur Umwidmung der Straße beiliegt. "Ich bin zuversichtlich, dass die Anwohner zugänglich sind", sagt er.

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SZ vom 02.06.2012
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