Süddeutsche Zeitung

Dritte Flughafen-Startbahn:Jetzt soll Karlsruhe entscheiden

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Von Marco Völklein, München

Der Bund Naturschutz will noch in dieser Woche eine Beschwerde beim Bundesverfassungsgericht in Karlsruhe einlegen, um den Bau der geplanten dritten Start- und Landebahn am Münchner Flughafen zu verhindern. Die Umweltschützer sehen einen "zentralen Grundrechtsverstoß" darin, dass das Bundesverwaltungsgericht in Leipzig eine Revision gegen ein Urteil des Bayerischen Verwaltungsgerichtshofs nicht zugelassen hat, sagte BN-Landeschef Hubert Weiger.

Das Grundgesetz verpflichte den Staat im Artikel 20a dazu, die Natur zu schützen und "Verantwortung für die künftigen Generationen" zu übernehmen. Mit den bisher ergangenen Urteilen werde "geltendes Umweltrecht ausgehebelt", sagte Weiger. "Das werden wir nicht hinnehmen."

Der BN hat deshalb nach eigenen Angaben eine weitere Anwaltskanzlei eingeschaltet, die sich auf Verfassungsbeschwerden spezialisiert hat. Eine Beschwerde auf Grundlage des Artikel 20a sei auch unter Umweltjuristen "ziemliches Neuland", ergänzte BN-Naturschutzreferentin Christine Margraf. Der von der Flughafengesellschaft geplante Eingriff in die Natur im Erdinger Moos sei "so eklatant, dass wir auch diesen Weg einfach mal probieren wollen".

Zudem hat der BN vor einigen Jahren zwei insgesamt gut 1500 Quadratmeter große "Sperrgrundstücke" im Erdinger Moos erworben, die der Flughafen vor einem Baubeginn enteignen lassen müsste. Auch dagegen wollen sich die BN-Leute nun in Karlsruhe zur Wehr setzen - wie übrigens auch bis zu fünf Privatkläger aus dem Raum Freising/Erding, die ebenfalls enteignet werden sollen. Auch die würden demnächst Beschwerden in Karlsruhe einreichen, kündigte Margraf an.

Aktionsbündnis "Aufgemuckt"

Der BN will bei seiner Beschwerde vor allem darauf abzielen, dass aus seiner Sicht bislang keines der Gerichte die Bedarfsprognosen des Flughafens "ernsthaft" untersucht habe. Vielmehr würden sich Gutachter, Behörden und Gerichte immer wieder selbst bestätigen, dass sie korrekt gearbeitet hätten - und das "ohne sich dabei mit den konkreten Details beschäftigt zu haben", sagte Margraf. "Dieses System möchten wir gerne durchbrechen." Mit einer Entscheidung der Karlsruher Richter noch in diesem Jahr rechnet sie aber nicht.

Unterdessen bereiten sich die Mitglieder des Aktionsbündnisses "Aufgemuckt" auf die von Ministerpräsident Horst Seehofer (CSU) angekündigten Gespräche zum Flughafenausbau vor. Der Regierungschef will sich nach der Sommerpause persönlich mit Befürwortern, Gegnern und betroffenen Kommunen zusammensetzen - erst im Anschluss daran will sich die Staatsregierung "positionieren". Für die Anti-Ausbau-Aktivisten ist indes klar, dass ein solches Treffen "nicht in den klimatisierten Räumen der Staatskanzlei stattfinden kann", erklärte Aufgemuckt-Sprecher Hartmut Binner.

Vielmehr solle Seehofer in den von den Plänen besonders betroffenen Freisinger Stadtteil Attaching kommen und "sich dort die Lage vor Ort ansehen". Wenn möglich, wollen die Aufgemuckt-Leute ihn auch zu einem "Referenzpunkt" an einer der bestehenden Startbahnen führen - und ihm "klarmachen, was es bedeutet, wenn Maschinen in einer Höhe von 50 oder 80 Metern über einen hinwegfliegen", so Binner.

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SZ vom 12.08.2015
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