Süddeutsche Zeitung

Kostenexplosion:Die Profis kamen beim Deutschen Museum zu spät

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Zu lange wurden die Dimensionen der Generalsanierung unterschätzt. Das Fiasko abzuwenden, wird teuer.

Kommentar von Martina Scherf

Das Deutsche Museum hat einen Weltruf. Mehr als eine Million Besucher zieht es jedes Jahr auf die Isarinsel, aus Bayern ebenso wie aus Tokio oder Bogotá. Und obwohl es einzigartige Meisterwerke der Technikgeschichte beherbergt und der ideale Ort wäre, auch Zukunftsthemen zu verhandeln, ist es über Jahrzehnte zusehends verstaubt und baufällig geworden. Als 2011 endlich der Sanierungsvertrag auf dem Tisch lag, entstanden Pläne für ein tolles neues Museum, die Bagger rückten an - doch jetzt droht ein Fiasko.

Denn auch wenn die Staatsregierung noch einmal 150 Millionen Euro drauflegt - es lässt sich mit diesem Geld nur eine Sparversion finanzieren, das ist allen Beteiligten bewusst. Dass die 400 Millionen, die Bund, Land und private Sponsoren vor acht Jahren zusagten, nicht reichen würden, auch nach einer Aufstockung durch eigene Mittel, war von Anfang an klar. Das gibt auch die Museumsleitung zu. Sie hat die Dimension des Projekts unterschätzt und erst spät Profis für das Management dieser Jahrhundertsanierung hinzugezogen. Und zuletzt kam die exorbitante Kostenexplosion in der Baubranche dazu.

Zum Vergleich: Das Pergamon-Museum in Berlin liegt derzeit bei 700 Millionen Euro, dem Doppelten der ursprünglichen Kalkulation. Für die gesamte Berliner Museumsinsel mit fünf Häusern sind mehr als 1,5 Milliarden veranschlagt. Und das Naturkundemuseum Berlin erhielt von Land und Bund zusammen 660 Millionen für die Sanierung. Indes braucht man gar nicht nach Berlin schauen. Ministerpräsident Markus Söder hat selbst Maßstäbe gesetzt. Für sein Raketenprogramm "Bavaria One" wurden auf die Schnelle 700 Millionen Euro zusammengekratzt. Das von ihm gewünschte Deutsche Museum Nürnberg erhält zum Start 27,6 Millionen plus 2,8 Millionen jährliche Miete plus Personal - für ein Fünftel der Ausstellungsfläche des Münchner Haupthauses. "Gute Ideen kosten eben Geld", sagte Söder. Wohl wahr. Das muss erst recht für ein Museum von Weltruf gelten. Jetzt liegt der Ball erstmal in Berlin.

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Quelle:
SZ vom 08.05.2019
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