Süddeutsche Zeitung

Workshop:Tausend Füße

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Wie sich Schüler der Bergkirchener Mittelschule und der Schönbrunner Johannes-Neuhäusler Schule in einem Tanz-Workshop der integrativen Theater-AG gemeinsam auf ihr neues Stück vorbereiten

Von Petra Schafflik, Bergkirchen

"Ellbogen links, rechts, überkreuz und Sprung zurück." Konzentriert stoßen 14 Mädchen und Jungen ihre Arme gegeneinander, bewegen sich im Rhythmus der Musik nach den Anweisungen von Tanzpädagogin Aina Clostermann. Vom Münchner Gärtnerplatztheater ist die junge Frau gemeinsam mit Tänzerin Anna Calvo nach Bergkirchen gekommen, um dort mit den Kindern der integrativen Theater-AG zu arbeiten. Kein Workshop wie jeder andere, denn mittwochs treffen sich hier Schüler der Bergkirchener Mittelschule mit behinderten Mädchen und Jungen der Schönbrunner Johannes-Neuhäusler Schule. Das gemeinsame Interesse an Bewegung, kreativem Ausdruck, an der Wirkung von Gestik, Mimik und Sprache bringt alle zusammen. Tanzpädagogin Clostermann ist begeistert von der Konzentration, mit der die Schüler die kleinen Choreografien einstudieren. "Die Kinder sind super kreativ."

Die Ausdrucksformen des eigenen Körpers erkunden

Gemeinsam die Ausdrucksformen des eigenen Körpers erkunden: Mit diesem Ziel treffen sich jede Woche Schüler der Mittelschule Bergkirchen und der Förderschule Schönbrunn, um in der Theater-AG gemeinsam Spaß zu haben am eigenen Spiel. Angeleitet werden die Kinder von Katrin Siegl, die in Bergkirchen die offene Ganztagsschule leitet, von Sonderschullehrerin Ingrid Karlitschek und Förderlehrerin Eva Colomé.

Dabei geht es nie darum, ein konkretes Stück einzustudieren. Vielmehr sollen die Kinder bei Körperarbeit, Atemübungen oder gruppendynamischen Spielen selber aktiv werden, sollen ausdenken, ausprobieren, reflektieren, eigene Ausdrucksmöglichkeiten entwickeln. Dieses ungewöhnliche integrative Projekt, das im vorigen Jahr gegründet wurde, erweist sich als Erfolgsmodell. Weil es spielerisch Berührungsängste überwindet, Kinder mit und ohne Handicap im gemeinsamen kreativen Tun zusammenbringt. Schon im vergangenen Sommer erfuhr die im vorigen Schuljahr neu gegründete integrative Theater-AG für ihr damals selbst entwickeltes Stück bei den oberbayerischen Theatertagen in Waldkraiburg große Anerkennung und viel Zuspruch. Ein Ansporn für die bunte Gruppe, auch in diesem Jahr ein tolles Projekt zu erarbeiten.

"Ich will nicht erwachsen werden"

Weil die Kinder an märchenorientierten Themen besondere Freude haben, wollen sie ein Stück nach der Idee des Klassikers Peter Pan konzipieren. Arbeitstitel: "Ich will nicht erwachsen werden." Spielerisch haben die Schüler bereits Szenen umgesetzt, in der die Lebenswelt von Kindern und Erwachsenen aufeinanderprallt. "Noch sind wir mitten in der Entwicklungsphase", erklärt Katrin Siegl. Als Anregung hat sich die Theater-AG nun Tanz-Profis vom Gärtnerplatz-Theater mit dem pädagogischen Workshop "1000 Füße" nach Bergkirchen geholt. Um gemeinsam tänzerische Elemente zu erproben und Choreografien zu entwickeln. Auch ein Besuch der Aufführung des am Gärtnerplatz neu inszenierten Ballettmärchens Peter Pan ist für Mai geplant. Allerdings: Schüler und Leitungsteam der Theater-AG wollen jetzt nicht etwa Peter Pan nachspielen. Vielmehr geht es darum, "ein eigenes Stück aus dieser Thematik zu entwickeln, losgelöst von der bekannten Geschichte und Figuren."

Ein spannender, kreativer Prozess, dessen Ergebnis noch nicht absehbar ist. Fest steht aber schon, dass die auch neue Inszenierung wieder beim Schulfest in Bergkirchen, beim Dorffest im Franziskuswerk Schönbrunn und in den Klassen der Mittelschule präsentiert werden soll. Gerne würden die Schüler ihr Stück auch bei den Bayerischen Theatertagen der Grund- Mittel- und Förderschulen präsentieren, die im Juli in Bayreuth stattfinden. Die Konkurrenz um die wenigen Teilnahme-Plätze ist groß. "Wir hoffen auf einen Bonus als kreatives integratives Projekt", sagt Ingrid Karlitschek.

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Quelle:
SZ vom 19.04.2016
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