Süddeutsche Zeitung

Schwabhausen:Krachlederner Humor

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Ohne Rücksicht auf Konventionen: Mit den Raith-Schwestern und dem Blaimer vergisst das Publikum den Alltag.

Renate Zauscher

Frauenpower pur, flankiert von einem Mann, der alle Mühe hat, neben den Frauen Präsenz zu zeigen: Das sind "D'Raith-Schwestern und der Blaimer". Am Samstag war das Trio, zusammen mit dem Tuba-Spieler Frank Feulner, der auf der Bühne Giovanni heißt, mit ihrem Programm "Schwer vermittelbar" in der "Post" von Schwabhausen zu Gast - vom ersten Moment an umjubelt vom Publikum im ausverkauften Postsaal.

Was die Raith-Schwestern mit dem Blaimer zu den Bühnenstars macht, die sie seit langem sind, ist im Detail gar nicht so einfach auszumachen. Da sind die schönen, kraftvollen Stimmen der beiden Frauen und ihre enorme Musikalität. Dazu kommt aber auch noch etwas anderes, höchst Erfrischendes: Die unverschämte Frechheit ihres Auftritts. Wer sie sich im netten Dirndl vorstellt, liegt völlig falsch: Tanja und Susi Raith stehen in der hautengen, krachledernen Kurzen auf der Bühne, drunter schwarze Netz-Leggings, komplettiert mit Stiefeletten unten und oben schwarzem Top überm üppigen Busen. Die beiden Schwestern kommen aus der Volksmusik und in ihren Programmen finden sich immer wieder Lieder, die sie zu Hause in der Oberpfalz schon als Vier- und Fünfjährige mit ihrer Mutter gesungen haben. Aus dem volksmusikalischen Erbe aber ist mittlerweile etwas Neues entstanden: rockige, poppige Musik, gewürzt mit dem zum Erscheinungsbild passenden krachledernen Humor der Schwestern. Der wird auch eingesetzt im Umgang mit dem Publikum: Tanja Raith weiß schon nach ein paar Minuten, wie ein halbes Dutzend Männer im Saal heißt und bezieht sie zur Freude der übrigen 300 Gäste immer wieder in ihre Show mit ein. Die Texte sind bis auf die wenigen traditionellen Lieder, die ins Programm mit aufgenommen wurden, alle selbstverfasst. Sie zeichnen sich nicht unbedingt durch Tiefgang aus, sind aber allesamt gut mitsingbar: Das Publikum lässt sich auch hier nicht lange bitten, singt, klatscht und lacht mit den Frauen auf der Bühne.

Blaimer ist der Ehemann von Tanja: Er muss die Rolle des komischen Deppen übernehmen und tut das mit köstlichem Hundeblick in Richtung der starken Frauen. Im zweiten Teil des Abends dann darf der Blaimer zeigen, was sonst noch in ihm steckt: Er outet sich als Gitarren- und Ukulelespieler von beachtlichem Talent und bekommt rauschenden Applaus, wenn er, wild in die Saiten greifend, von seiner weißen Langhaarmähne umweht, real existierende Rockstars persifliert. Auch er schreibt sich seine Texte selber: den etwa vom Frauentausch, der ihm, erzählt er, beim Entsorgen von Überflüssigem auf dem Recyclinghof gekommen ist.

Für Giovanni an der Tuba kommt der Höhepunkt des Abends erst kurz vor dem Ende, wenn das "Lied der Winde" intoniert wird und er zum großen Amüsement des Publikums den Part des "Schoaß" übernehmen darf. Vielleicht ist es die Freunde an bayrischer Grobheit und Direktheit, die den Menschen so viel Vergnügen bereitet, vielleicht aber auch die Gelegenheit, einmal ganz ohne Rücksicht auf sonstige Konventionen lustig sein zu dürfen. Wer über anzügliche Tubatöne lachen darf, vergisst zumindest für den Moment alles, was im Leben sonst vielleicht weniger lustig ist.

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Quelle:
SZ vom 25.02.2013
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