Süddeutsche Zeitung

Schönbrunn:Beten, arbeiten und feiern

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Die Franziskanerinnen von Schönbrunn bereiten sich in der Fastenzeit intensiv auf das Osterfest vor. Es sind Wochen der inneren Einkehr - aber in der Küche haben die Schwestern jede Menge zu tun

Benjamin Emonts

In der Küche des Klosters Schönbrunn ist viel los in diesen Tagen. Da schleppt etwa Schwester Barbara grinsend einen voll gepackten Holzkorb mit bunt bemalten Ostereiern herbei, Schwester Ulrike präsentiert stolz ihre selbst gebackenen, in Folie gewickelten Osterfladen oder Anna Pröbstl sticht die letzten Papierfahnen in die in ihrem Nest sitzenden Osterlämmer. Sie ist fast vorbei, die 40-tägige Vorbereitungszeit. Und immer noch steht den Frauen, die da in der Küche werkeln, die Vorfreude ins Gesicht geschrieben. Die Vorfreude auf den wichtigsten Tag ihres Jahres: das Fest zur Auferstehung ihres Herrn Jesus Christus.

Die Vorbereitung auf Ostern beginnt für die Schwestern bereits am Aschermittwoch, 40 Tage vor der Auferstehungsfeier. Während dieser Zeit fasten die Schwestern und besinnen sich auf ihre Wurzeln. Wie einst der Namenspatron ihres Klosters, der Heilige Franz von Assisi (1182-1224), leben sie ihren Alltag - bestehend aus Gebet, Arbeit und Freizeit - noch intensiver als sonst nach dem Evangelium und besinnen sich auf das Wort Gottes. "Für uns ist die Fastenzeit eine Zeit der Umkehr, der Hinwendung zu Gott, zum Nächsten und zur Schöpfung. Und eine Zeit der Vorbereitung und Vorfreude auf das Fest zur Auferstehung unseres Herrn", sagt die Generaloberin des Klosters, Benigna Sirl. Es ist eine Zeit der Entbehrungen, in der Stille in die Wohnräume des Klosters einkehrt. Während der Fastenzeit verzichten die Schwestern auf überflüssige Gespräche, auf Fernsehen oder Radio. "Das Schweigen hilft uns zu hören, bei uns zu bleiben und mit Jesus zu sein."

Gleichzeitig galt Franz von Assisi - ein Mann aus reichem Hause, der sich selbst Armut auferlegte - auch als Bruder der Armen und Ausgegrenzten. Eine Lebenseinstellung, auf der die Prinzipien des Franziskanerordens basieren und die auch der erst kürzlich neu ins Amt gewählte Papst Franziskus vorlebt. Der Name ist Programm sozusagen, selbstverständlich auch für die Ordensschwestern. In diesem Sinne spenden sie die Ersparnisse, die sie aufgrund ihrer Abstinenz in der Fastenzeit zurücklegen können, an Hilfsbedürftige. In diesem Jahr unterstützen die Schwestern beispielsweise ein Projekt für arme und Hunger leidende Menschen im Südsudan.

Nachdem die Schwestern am Gründonnerstag des letzten Abendmahls sowie der Fußwaschung gedacht haben und am Karfreitag des Leidens und der Kreuzigung Jesu, endet mit der Auferstehungsfeier am Samstagabend - dem Höhepunkt des katholischen Kirchenjahres - nun diese Zeit der Vorfreude, der Besinnung, der Entbehrung und des Fastens. Tagsüber werden die Schwestern durch Beten an der Grabesruhe Christi teilhaben, um dann um 20 Uhr gemeinsam mit dem Pfarrer, den Ministranten und vielen Gläubigen aus der Gemeinde in die von den Schwestern geschmückte Kirche einzuziehen. Für Schwester Benigna ein besonderer Moment, zumal sie wie immer besonders auf die Figur des auferstandenen Christus gespannt ist. Diese wird prominent auf den Altarstufen platziert und jedes Jahr anders geschmückt. "Wer weiß, was sich die Schwestern dieses Jahr einfallen lassen", sagt die Generaloberin erwartungsvoll.

Weniger überraschend dürfte der Ablauf der Auferstehungsfeier sein: Traditionsgemäß wird die Gemeinde nach dem Einzug in die dunkle Kirche drei Mal das "Lumen Christi" sprechen und mit "Deo gratias" antworten, bevor das dunkle Kirchenschiff mit unzähligen Kerzenlichtern erhellt wird. Ein besonders spiritueller Moment, eine Erleuchtung, und gleichzeitig der magische Beginn des freudigen Osterfestes. Und gleichzeitig das Ende der 40-tägigen Fastenzeit. Gott sei Dank. So können sich die Schwestern am Sonntagmorgen ohne schlechtes Gewissen über die mit allerlei Köstlichkeiten gefüllten Osternester hermachen. Diese bereitet Schwester Ulrike, die Küchenchefin des Klosters, bereits seit vier Wochen vor. Jede der derzeit 78 in Schönbrunn lebenden Nonnen bekommt ein Osternest, das bei der Auferstehungsfeier geweiht wird. Der Anblick in der Klosterküche würde selbst die verwöhntesten Kinder neidisch stimmen: 720 bunt bemalte Ostereier,170 selbst gebackene Osterfladen, 500 aus Formen gebackene Osterlämmer und 140 ausgestochene Plätzchen - Lämmer selbstverständlich - haben Schwester Ulrike, Schwester Barbara und ihre Helferinnen in die mit künstlichem Gras ausgepolsterten Osternester gefüllt. Nicht zu vergessen das große Stück vom geräucherten Wammerl. Ein beachtliches Pensum, das Schwester Ulrike und ihre Küchengehilfinnen da abspulen. Dementsprechend spricht die Schwester von einer "anstrengenden, stressigen Zeit", die für sie aber zugleich auch die schönste des Jahres ist.

Selbstverständlich wohnt den verschiedenen Ostergaben eine besondere Bedeutung inne. Ostern ist das bedeutendste Fest der Christen, zu dem das Brauchtum ebenso dazugehört wie die durch die Lithurgie vorgegebenen Gebete. Das Agnus Dei, das Lamm Gottes, ist ein aus der Bibelgeschichte überliefertes Symbol für Jesus Christus, die selbst gebastelten und mit einem Kreuz versehenen Fahnen, die die Schwestern in die Osterlämmer gesteckt haben, stehen für den Sieg Jesu über den Tod, für seine Auferstehung von den Toten. Ebenso symbolträchtig sind die Ostereier und Osterfladen: Sie stehen für Fruchtbarkeit, die bunten Farben für die Vielfalt der Schöpfung. Der im Klostergarten gezüchtete "Kren" - hochdeutsch Meerrettich - steht hingegen für die Bitterkeit des Lebens. "Auch sie ist Teil des Lebens", wie Generaloberin Schwester Benigna betont. Wohl wahr.

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SZ vom 30.03.2013
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