Süddeutsche Zeitung

Odelzhausen:Applaus für einen Unpolitischen

Lesezeit: 2 min

Kabarettist Stefan Kröll kommt beim Feuerwehrfest gut an

Von Renate Zauscher, Odelzhausen

Wie Bier, Blasmusik und eine zünftige Krachlederne, so gehört zu einem mehrtägigen Feuerwehrfest in Bayern der "politische Abend" als Auftakt vor den eigentlichen Festivitäten. In Odelzhausen sollte dieser Abend eigentlich ganz im Zeichen der CSU und eines ihrer prominentesten Protagonisten stehen: Der CSU-Kreisverband hatte zusammen mit dem Ortsverband Finanz- und Heimat Minister Markus Söder eingeladen. Der hatte auch zugesagt, kam aber dennoch nicht: In Berlin war er an diesem Abend unabkömmlich. In Odelzhausen tröstete man sich mit einem Mann, der kurzfristig einspringen konnte: mit dem Kabarettisten Stefan Kröll.

Die Veranstalter hatten Kröll unter dem Motto "Kleinkunst boarisch" angekündigt. Die Überlegung, ob bayerische Politik oder aber "Kleinkunst boarisch" höheren Unterhaltungswert hat, ist müßig: Feststeht, dass sich die rund 300 Gäste im Odelzhausener Festzelt bestens unterhalten haben. Müßig waren auch die Befürchtungen des Ein oder Anderen, Kröll könnte am Ende Kabarett auf Kosten der CSU machen: Der Mann lieferte, ohne auch nur im geringsten politisch zu werden, ein absolutes Gegenprogramm zu einer Ministerrede ab. Kein Wort zu politischen Vorgängen, keinerlei spöttische Bemerkung zu den handelnden Personen auf der Bühne der bayerischen oder auch der bundesrepublikanischen Politik. Überhaupt bleibt die große Welt weit draußen hinter Krölls kabarettistischem Horizont. Ihn interessieren ganz andere Dinge: sein "Projekt Minga" beispielsweise, wie er sein jüngstes Programm rund um die bayerische Hauptstadt genannt hat, darüber hinaus die bairische Sprache und ihre Sprecher, der oft nicht einfache Diskurs zwischen Bayern und "Zuagrasten" und die daraus entstehenden sprachlichen wie gesellschaftlichen Missverständnisse.

Das alles wird von Kröll auf der Ebene des Amüsanten, Anekdotischen, auch des eher Flachen abgehandelt: Der Mann zielt auf den schnellen Lacherfolg - und bekommt ihn auch. Da ist dann etwa von der "z'wideren" Ehefrau die Rede, die sich daheim schon "warmläuft", um das aus dem Wirthaus heimkehrende "b'suffane Wagscheitel" von Ehemann richtig empfangen zu können. Oder Kröll berichtet vom Dialog zwischen ihm selbst und "Heinz aus Bremen", der auch erst nach einer echten "Goaßmass" so richtig in Fahrt kommt. "Wir vom Land", lässt Stefan Kröll seine Zuhörer wissen, brauchen keine Anglizismen, um uns verständlich zu machen; wir brauchen keine "Message", keine "Location" und kein "Feedback": Für all das gibt es im Bairischen seiner Überzeugung nach viel schönere und genauso aussagekräftige Ausdrücke.

In manchen von Krölls Anekdoten erkennt sich das Odelzhausener Publikum sofort selbst wieder. In der von den "ausgelassenen" Hosenumschlägen etwa, welche die Mama peinlicherweise auch noch mit einer Blümchenbordüre verschönert hat: Albtraum eines jeden Pubertierenden, der in den Achtzigerjahren groß geworden ist und sich damit auf dem Schulhof zeigen musste. Dass die Wahl für den Markus-Söder-Ersatz auf Stefan Kröll gefallen ist, hat dem Odelzhausener Publikum somit einen aus Sicht der Gäste höchst amüsanten Abend beschert: Es wurde viel gelacht im Festzelt, deutlich mehr wahrscheinlich als bei einer Politikerrede - egal, wer sie gehalten hätte.

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Quelle:
SZ vom 12.09.2016
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