Süddeutsche Zeitung

Mindestens bis zum Winter:"Der Laden" steht noch Monate leer

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Am 1. September sollte ein neuer Betreiber das Geschäft fortführen - doch der ist kurzfristig abgesprungen.

Von Robert Stocker, Dachau

Fast alle Regale sind abgebaut, nur die Kasse und die Brotzeittheke stehen noch. Am Schaufenster hängen einige Zettel. "Herzlichen Dank, schee war's" und "Wir vermissen Euch" ist da zu lesen. Den Lebensmittelladen des Franziskuswerks Schönbrunn am Widerstandsplatz vermissen in der Tat schon viele ehemalige Kunden, insbesondere Bewohner der Dachauer Altstadt oder Beschäftigte umliegender Geschäfte und Firmen. "Der Laden", wie ihn die Stammkunden nannten, hat am Freitag, 11. August, dicht gemacht. Bis er wieder eröffnet, wird es noch eine Weile dauern. Als Termin kündigt das Franziskuswerk jetzt das vierte Quartal 2017 an. Das Unternehmen steht im Gespräch mit einem neuen Interessenten. Denn der Mitte Juli angekündigte Nachfolger ist im letzten Moment abgesprungen.

Eigentlich hätte der Laden am 1. September wieder laufen sollen. "Unsere Annahme, dass er mit einer nur zweiwöchigen Unterbrechung wieder eröffnen wird, war wohl zu optimistisch", bedauert Markus Höll, Geschäftsfeldleiter Verwaltung im Franziskuswerk, in einer Pressemitteilung. Warum der ursprünglich geplante Nachfolger im letzten Moment doch noch zurückzog, darüber rätselt auch das Franziskuswerk. "Es gab eine mündliche Zusage von ihm, die Pressemitteilung im Juli über die Gespräche zur Geschäftsübernahme war mit ihm abgesprochen", sagt Sigrun Wedler, Sprecherin der Franziskuswerk Schönbrunn gGmbH. Jetzt hofft das gemeinnützige Unternehmen, dass es mit dem neuen Interessenten klappt. Nach Möglichkeit soll es in dem neuen Geschäft wie bisher eine Brotzeittheke mit Imbiss geben. Dieses Angebot wurde im alten Laden stark nachgefragt. Wer schnell ein warmes Essen haben wollte, schaute im Laden in der Dachauer Altstadt vorbei. Zu den Kunden zählten nicht nur Angestellte der umliegenden Firmen, sondern auch Mitarbeiter der Stadtverwaltung. Auch Oberbürgermeister Florian Hartmann (SPD) kehrte hier öfter ein.

Am Klagenfurter Platz ist jetzt ein Bauernmarkt

Der Lebensmittelladen des Franziskuswerks am Klagenfurter Platz ist schon seit 15. Mai geschlossen. Dort ist jetzt ein Bauernmarkt eingezogen. Die gemeinnützige GmbH wollte in beiden Läden inklusive Arbeitsplätze für Behinderte schaffen. Die Umsätze waren seit Jahren stabil, doch die Erlöse reichten nicht aus, um die Geschäfte in der bisherigen Form weiterzuführen. Behinderte Menschen brauchen am Arbeitsplatz auch eine pädagogische Betreuung. Laut Wedler gibt es für Sozialeinrichtungen einen einheitlichen Tarifvertrag, der höhere Einkommen als im Einzelhandel vorsieht. All das führt zu hohen Personalkosten. Die Läden hatten ein jährliches Defizit im sechsstelligen Bereich. Mit diesem Betrag könnten anderswo mehr inklusive Arbeitsplätze geschaffen werden, begründete das Franziskuswerk die Schließung der Läden.

Die Suche nach einem Nachfolger für den Dachauer Altstadtladen begann schon im September vergangenen Jahres. Für die Einzelhandelskette Rewe, die das Lebensmittelgeschäft mit Waren belieferte, war der Laden in der Altstadt zu klein. Wegen der begrenzten Parkmöglichkeiten ist auch die Anlieferung äußerst schwierig. Auch die Stadt schaltete sich bei der Suche nach einem Nachfolger ein. Sie wollte die Nahversorgung in der Altstadt sicherstellen. Die Verwaltung sprach mit allen Lebensmittelketten, erhielt aber stets eine Absage mit dem Hinweis, die Läden seien zu klein und unrentabel. Die Stadt prüfte zudem ein Modell, mit dem Langzeitarbeitslose wieder eine Beschäftigung finden sollen. Dazu wäre ein erheblicher Zuschuss der Stadt nötig gewesen. Auch der Landkreis hätte sich an dieser Arbeitslosenhilfe beteiligen müssen. Der bisher letzte Lebensmittelladen in der Altstadt hat jetzt auch dicht gemacht: der griechische Feinkosthandel Galini in der Augsburger Straße. Ob es dort jemals wieder Lebensmittel zu kaufen gibt, bleibt abzuwarten.

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SZ vom 01.09.2017
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