Süddeutsche Zeitung

Ludl-Areal Karlsfeld:Startschuss für das Jahrhundertprojekt

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Der Karlsfelder Gemeinderat bringt die Aufstellung des Bebauungsplanes für das Ludl-Grundstück auf den Weg. Die Pläne sind ambitioniert. Wohnen und Gewerbe sollen hier ebenso Platz finden, wie eine Kita. Sogar von einer "Rooftop Bar" mit Blick auf die Berge ist die Rede

Von Petra Neumaier, Karlsfeld

Zwölf Punkte - drei Stunden Diskussion. Dann war der zumindest verfahrenstechnisch erste Grundstein für das "Jahrhundertprojekt" gelegt: Einstimmig hat der Karlsfelder Gemeinderat am Donnerstag die Verwaltung beauftragt, das Verfahren zur Aufstellung des Bebauungsplanes auf dem Ludl-Grundstück einzuleiten. Dabei behielten sich die Räte alle möglichen Varianten offen - von der Höhe der Bebauung über die Nutzung bis hin zum Verkehrskonzept. Wenngleich die meisten Punkte auf der Agenda einstimmig verabschiedet wurden, so wurde dennoch deutlich: Es wird bei den einzelnen Konkretisierungen der bislang nur groben Planung noch viel Diskussionsbedarf geben.

Das Verkehrskonzept

Im Wesentlichen ging es darum, ausreichend Platz für verschiedene Varianten zu reservieren. Gehwege und Radschutzstreifen werden jetzt an den Kreuzungen und Straßenzügen genauso eingeplant, wie ein mögliches "Shared Space Konzept", bei dem weder Gehwege noch Straßen angelegt werden. (Einstimmiger Beschluss.)

Der Brückenschlag

Ursprünglich angedacht war eine Überquerung der stark befahrenen Münchner Straße mittels einer Brücke oder einer Unterführung. Sowohl für das eine als auch für das andere hätte jedoch ein nicht unerheblicher Platz eingeplant werden müssen. Nicht nur deshalb sprach sich unter anderem die CSU-Fraktion gegen diese Varianten aus. Sie möchte außerdem Karlsfeld nicht gänzlich dem durchbrausenden Verkehr überlassen. "Wir sollten erhobenen Hauptes durch die Gemeinde gehen können", erklärte Wolfgang Offenbeck. Gegen eine Stimme wurde schließlich einer ebenerdigen Überquerung zugestimmt. Die Option, eine Brücke einzuplanen, erzielte nur acht von 21 Stimmen, eine Unterführung hatte nur vier Befürworter.

Die Nutzung und der Handel

Gegen nur vier Stimmen befürworteten die Gemeinderäte, das gesamte Planungsareal als "urbanes Gebiet" festzusetzen. Diese erst im vergangenen Sommer neu geschaffene Mischform von Wohnraum und Gewerbe soll durch "kurze Wege" unter anderem für weniger Verkehrsbelastung sorgen. "Das ist die Chance für Karlsfeld", warb Bürgermeister Stefan Kolbe (CSU). Wie hoch die beiden Komponenten Wohnen und Gewerbe sein werden, darauf muss sich die Gemeinde noch nicht festlegen. Allerdings meldete Birgit Piroué (Bündnis für Karlsfeld) schon einmal Bedenken an, dass es in einem solchen Mischgebiet lauter als in einem reinen Wohngebiet werden kann. "Nur weil man das Baugebiet finanziell besser vergolden kann, sollte man das nicht auf Kosten der Gesundheit der Bewohner tun", erklärte sie. Hingegen argumentierte Geograf und Berater Christian Hörmann, dass die Gemeinde bei der Ausweisung eines urbanen Gebietes bestmöglich reagieren könne. Und auch Architekt Klaus Kehrbaum versprach, das Gebiet durch diese Form nicht bis zum Letzten zu verdichten. "Wir planen eine verträgliche Mischung von Wohnen, Versorgung und Freizeit."

Das Wohnen

Für das gesamte Planungsgebiet wird die Richtlinie der Sozialen Bodennutzung umgesetzt Demnach müssen 30 Prozent der Wohnfläche in einen geförderten oder sozialen Wohnungsbau umgesetzt werden.

Alter Gebäudebestand

Völlig unstrittig ist bei den Gemeinderäten der Verbleib der Ludl-Kapelle an ihrem Standort. Um ihr den gebührenden Raum zu geben, wurde die gesamte Bebauung ein Stück zurückversetzt. Das denkmalgeschützte Kleinod soll künftig in einer Grünfläche gebettet sein. Noch unklar ist hingegen der Verbleib des Sommerhauses und der Hofstelle. Beschlossen wurde zwar einstimmig, dass beide abgetragen werden, damit das Areal überplant werden kann. Jedoch soll das Sommerhaus auf jeden Fall erhalten und lediglich umgesetzt werden. Besonders Franz Trinkl (SPD) hatte sich dafür eingesetzt, dass das Sommerhaus nicht "weggeschmissen" und der Wille der Bürger umgesetzt wird, das hölzerne Gebäude zu erhalten. Trotz der "Wichtigkeit historischen Bewusstseins" plädierte Andreas Froschmayer (CSU) jedoch dafür, die Zukunft von Karlsfeld nicht mit den alten Gebäuden zu belasten. "Wenn man eine gute Nutzung zu hinnehmbaren Kosten findet, ist es gut, sonst hat es keinen Sinn." Das gesamte Ensemble an Ort und Stelle zu belassen und in die neue Bebauung zu integrieren, hielt der beauftrage Architekt Dietmar Sandler für nicht praktikabel. Durch einen erforderlichen Abstand um die Gebäude in Höhe von 20 bis 50 Metern würde zu viel Fläche verloren.

Die Geschossigkeit der Bebauung

Mit diesem Thema setzte sich der Gemeinderat am längsten auseinander. Da die Höhe der geplanten "Dominante" von der Anzahl der Geschosse und diese wiederum von der Nutzung abhängig ist, einigten sich die Gemeinderäte schließlich darauf, weder Höhe noch Anzahl der Stockwerke im Vorfeld festzulegen. Erst soll die Nutzung und der Bedarf des Investors abgefragt werden. Hotel und Gewerbe benötigten nämlich höhere Decken, als Wohnungen. "Das städtebauliche Ziel ist, dass sich das Haus verträglich ins Umfeld einfügt", erklärte Dietmar Sandler. Tenor der Gemeinderäte war, nicht zu hoch hinaus mit dem Gebäude zu wollen. "Kein Turmbau zu Babel", formulierte es Mechthild Hofner (Bündnis für Karlsfeld) und auch Kollege Peter Neumann wollte keine "Schlucht in der Münchner Straße" entstehen lassen. Einig waren sich die Räte, dass das zentrale Gebäude statt durch Höhe durch seine Architektur herausragen und auch allen Karlsfeldern zugänglich sein soll. Geträumt wird jetzt schon von einer möglichen "Rooftop Bar mit Blick auf die Berge". Beschlossen wurde letztendlich einstimmig, dass im Bereich der Münchner Straße und verlängerte Gartenstraße eine städtebauliche Variante entsteht. Die Höhe und Ausformung der "Dominante" ist in einem städtebaulichen Gesamtzusammenhang zu entwickeln. Außerdem soll die Bebauung südlich und nördlich der Kapelle höhenmäßig auf das Baudenkmal reagieren und einen entsprechenden Abstand einhalten. Die Geschossigkeit und Höhe wird erst im Laufe der weiteren Planung festgelegt und soll sich an der Höherentwicklung der umliegenden Bebauung orientieren.

Wege, Grün und Plätze

Sie werden erst im Zuge der Planung festgelegt.

Die Tiefgarage

Entgegen eines bislang verfolgten Vorschlages, soll das Gelände nach einstimmigem Beschluss nicht um zwei Meter angehoben werden, um die Tiefgarage bauen zu können.

Das Maß der baulichen Nutzung

Die Geschossflächenzahl von 3,0 ist dabei kein "Muss", sondern wird im Bebauungsplan noch konkretisiert. Schon jetzt gingen jedoch die Meinungen über die geplante Kindertagesstätte auseinander. Sie ist im jüngsten Modell nicht mehr ebenerdig, sondern im ersten Stock mit zwei großen Terrassen als Freiflächen geplant - und sogar auch vom künftigen Betreiber so gewünscht.

Die umliegende Bebauung

Einstimmig waren die Gemeinderäte dafür, dass auch das Grundstück nördlich der Kapelle (jetzt Standort von Mc Donald's) in den Geltungsbereich des neuen Bebauungsplanes mit aufgenommen und überplant wird. Möglicherweise wird der Standort des Schnellrestaurants verlegt.

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Quelle:
SZ vom 19.01.2019
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